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Auf neuen Wegen zu alten Zielen – mit der Autofähre nach Mallorca (Special)

von Robert 19. Juni 2022 0 Kommentare
Spanische Flagge auf Autofähre die von Barcelona abgelegt ist

Was lange währt, wird endlich gut ...? – Zurück auf die Insel

Es gibt zweifelsohne viele gute Gründe, Mallorca zu besuchen - Eimersaufen ist keiner davon. Uns verbindet sehr viel mit dem balearischen Eiland. Eine meiner ersten selbstständigen Reisen führte 2007 auf der deutschen liebste Insel, auf die gerade ein guter Freund ausgewandert war. Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich zum ersten Mal in Palma aus dem Flughafenterminal geschritten bin. Man hat buchstäblich als erstes Palmen vor der Nase, riecht die Meeresluft, die Sonne streichelt einem übers Gesicht. Die Insel nimmt einen von der ersten Minute an in den Arm und sagt "Ab jetzt wird alles gut – entspann dich, es ist Urlaub".

Strand, Palmen und Yachten auf MallorcaDieses herrliche Gefühl hat uns nie ganz losgelassen und so wurden aus diesem ersten Besuch auf Malle rund ein Dutzend. Vor allem aber das landschaftliche Zusammenspiel von Meer und Gebirge, das paradiesische Klima und auch die grandiosen Panorama-Straßen brennen sich schnell ins Gedächtnis. Oh mein Gott, ja die Straßen. Tatsächlich hat uns die Insel zwischen 2007 und 2017 jedes einzelne Jahr angelockt. Aus unterschiedlichsten Gründen zwar – Männertrips, Pärchenurlaub, Auszeit nach dem Studium oder später auch beruflich – aber kontinuierlich. 2018 ist die Serie leider abgerissen, da das Jahr sowohl mit Reiseproblemen als auch privaten Herausforderungen gespickt war. Vor der großen Reise nach Nordamerika 2019 war ein Malle-Aufenthalt ebenfalls nicht unterzubringen und dann war Pandemie.

Sa Calobra AbfahrtMallorca war bereits in der Vorrecherche zum Roadtrip mal als finale Destination für die Tour im Gespräch – zunächst jedoch eher scherzhaft. Nun war dieses wunderschöne Reiseziel von Barcelona aus aber auf einmal in sehr greifbare Nähe gerückt. Wie es wohl ist, auf dem Seeweg die Insel zu bereisen, haben wir uns schon oft gefragt. Klar scheint es langsam, aber irgendwie auch witzig. Das beste an der Option ist jedoch, dass man – anders als im Flieger – das Auto mitnehmen kann.

BMW M3 im Hafen MallorcaWie oft haben wir außerdem hoffnungslos untermotorisierte Ferienmietwagen über wunderschöne Straßen gequält und uns dabei gewünscht, auf diesen wenigstens EINMAL ein schönes Auto bewegen zu können. Mit dem 4er so nah dran zu sein, hieß auch: Eine bessere Gelegenheit wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Jetzt oder nie?! Es treibt uns einfach zu sehr zurück auf die Insel, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Wir entscheiden uns – selbstverständlich – für "jetzt"!

Die Entdeckung der Langsamkeit – Reisen mit der Fähre

Nur: Wie hinkommen? Im Normalfall ist die Lage klar. Von quasi jedem halbwegs brauchbaren Flughafen in Europa lässt sich Palma de Mallorca direkt ansteuern. Selbst von Deutschland aus kommt man für ein paar Euro innerhalb von reichlich zwei Stunden auf die Balearen. Von Barcelona aus ist Fliegen nochmal einfacher. Zum einen ist es ein schnöder Inlandsflug ohne großartige Kontrollen und zum anderen sind Entfernung und Preise minimal. Ab ~30 € kann man von Barcelona aus in 45 Minuten mit dem Flieger die Insel erreichen. Allerdings ist der 4er etwas zu groß fürs Handgepäck und schwimmen kann er auch nicht.

Mallorca aus der Luft gesehenDaher mussten wir auf die einzig verfügbare Alternative zurückgreifen – die Autofähre. Täglich verkehren mehrere solche zwischen den Häfen von Barcelona und denen der Insel Mallorca. Buchungen, die lange im Voraus getätigt werden, sind dabei allerdings oftmals sehr teuer (400-600 €). Das genaue Gegenteil ist der Fall, wenn man kurzfristig bucht und noch Kapazitäten zur Verfügung stehen. Wenige Tage vorab bekommen wir Roundtrip-Tickets für uns beide sowie den 4er für insgesamt rund 90 € – ein sehr fairer Preis. Vergleichen lohnt sich hier – denn es gibt diverse große Anbieter (aktuell Trasmediterranea, Balearia, GNV und Transmed). Dabei helfen, ähnlich wie bei Flügen, Metasearcher. Wir haben über directferries.de gebucht und waren sehr zufrieden. Für die Überfahrt selbst muss man einen ganzen Tag einplanen. Die reine Fahrtzeit beträgt ca. 7,5 Stunden, mit Abwicklung, An- und Abreise usw. sind es gut und gern auch mal 12.

Screenshot directferries.com vom 12.06.2022

Screenshot directferries.com vom 12.06.2022

Unsere Wahl fällt auf Trasmediterranea. Aufgrund der langen Fahrtzeit und der niedrigen Preise (aber auch aus Neugier) haben wir uns dazu entschieden, für jede der Strecken noch eine Kabine hinzuzubuchen. So erhält man quasi ein (eher einfaches) Hotelzimmer mit Bett, Toilette und Dusche. Das kann besonders dann sinnvoll sein, wenn man nach einer nächtlichen Überfahrt unmittelbar die Weiterreise mit dem PKW antreten und vorher etwas schlafen möchte. Aber gerade auch in Pandemiezeiten ist ein nicht-öffentlicher Rückzugsort tagsüber ohnehin von Vorteil. Insgesamt lagen die Kosten mit Kabinen dann bei rund 240 € – immer noch günstiger als zwei Flüge und für die gebotene Leistung absolut akzeptabel.

Trasmediterranea Logo auf Seitenwand von Fähre

Beim ersten Mal genau hinschauen – Die Vorbereitung

Am Tag unserer Abreise aus Barcelona waren wir tatsächlich ziemlich aufgeregt. Obwohl wir ja schon etliche Male auf Malle waren, so reisen wir doch das erste Mal nicht mit dem Flugzeug an. Wir fragen uns, wie der Prozess läuft, ob alles funktionieren wird, was wir vorbereiten müssen. Die Informationen dazu sind tatsächlich etwas spärlich, besonders wenn man sich vorab noch nicht mit der Materie beschäftigt hat. Autofähren sind uns prinzipiell nicht unbekannt. Etwa in Kroatien oder auch Kanada haben wir bei diversen Gelegenheiten auf solche zurückgegriffen. Mit so großen Autofähren und langen Überfahrten hatten wir allerdings keine Erfahrung.

Es stellt sich heraus, dass man online einchecken kann und dann aber die entsprechenden Dokumente ausdrucken muss – wohl dem, der ein Hotel mit Business Center hat. Alternativ kann man auch im Terminal des Anbieters einchecken – das kostet allerdings einiges an zusätzlicher Zeit. Wir entscheiden uns daher für Variante A. Sehr gespannt auf die neue Erfahrung dirigieren wir den 4er in Zentimeterarbeit aus der winzigen Hoteltiefgarage und begeben uns durch den quirligen katalonischen Verkehr zum Hafen. Dort angekommen, weisen eher dezente Schilder auf die Trasmediterranea-Schlange hin. Wer hier nicht genau schaut, dreht vermutlich eine Extrarunde. Wir haben beim ersten Mal Glück und reihen uns in die Warteschlange ein. Vorn angekommen, händigen wir einem netten, jungen Hafenmitarbeiter die ausgedruckten Dokumente aus. Diese werden geprüft und der Boarding Pass fürs Auto selbst hinter der Windschutzscheibe angebracht. Danach stellen wir uns in der nächsten Schlange an und warten auf weitere Anweisungen.

BMW 4er in der Schlange für die Autofähre im Hafen von BarcelonaNach ca. 30 Minuten Wartezeit rollt unsere Kolonne dann an langsam an. Wir werden zu einer imposanten Fähre dirigiert – der Volcan De Tijarafe. Das 2008 in Dienst gestellte Schiff fasst bis zu 1000 Passagiere und 300 PKW, sowie 88 LKW, deren Fahrer sich auf bis zu 206 Betten verteilen können. Ein wenig Bedenken verursacht bei uns die relativ steile Rampe. Aber selbst Autos mit weniger Bodenfreiheit als der 4er bewältigen den Aufstieg problemlos – und der BMW natürlich auch. Vom Bordpersonal werden wir so positioniert, dass die Anordnung zwar möglichst platzsparend ist, aber trotzdem bei leichten Bewegungen noch sicher. Es empfiehlt sich, alle Sachen aus dem Auto einzupacken und direkt mitzunehmen, denn während der Fahrt ist der Zutritt zur Garage untersagt.

Ungewohnte Geschwindigkeiten & ungeahnte Perspektiven – Die Überfahrt

Ein ca. siebenstöckiges Treppenhaus führt uns aus dem Bauch des Ungetüms in den Hotelbereich. Dort checkt man gegen Vorlage der Reservierungsbestätigung normal ein und erhält Schlüsselkarten für die Kabine. Unsere ist schön im Außenbereich gelegen – sogar mit Fenster zum Bug. Die Ausstattung ist ansonsten rudimentär. Die Betten sind klein und einfach, die Nasszelle okay, aber auch lieber mit Badelatschen zu betreten. Ein kleiner Fernseher rundet das Bild ab. Kein Kreuzfahrtniveau, aber für ein paar Stunden lässt es sich hier in jedem Fall aushalten. Hauptsache die Kotztüte ist dabei :p.

Allerdings wollen wir vor der Siesta die Fähre erkunden und begeben uns an Deck. Aufgrund der Höhe des Schiffs hat man einen schönen Rundblick auf den Hafen und hinter diesem auf die Stadt an sich. Es ist schon spannend zu beobachten, wie sie nach dem Ablegen immer kleiner wird und schließlich am Horizont verschwindet. Ein Erlebnis, dass man im Flugzeug so nicht hat. Auf dem Wasser gibt es zunächst nicht viel zu sehen. Das gebotene Unterhaltungsprogramm an Bord ist dennoch erstaunlich abwechslungsreich. An Deck gibt es diverse Bars, die Erfrischungen und Snacks anbieten, etliche Liegen, Sitzgelegenheiten und sogar einen Pool. Dafür, dass es sich eigentlich um ein reines Transportmittel handelt, ein beachtliches Freizeitangebot.

Dieser Eindruck setzt sich auch im Inneren fort. Neben Spielecken für Kinder, Fernsehsälen und Chillbereichen vertreibt man sich die Zeit vor allem gern mit einer anderen Sache – nämlich dem Essen. Im üppig dimensionierten Bordrestaurant lassen wir uns von zwei fürsorglichen Señoras ein kleines Menü zusammenstellen. Dieses bestand im Wesentlichen aus Paella, einem Stück Auflauf, einem Dessert und einem Softdrink - alles von passabler Qualität und zu halbwegs vernünftigen Preisen. Zu zweit haben wir etwa 25 € bezahlt. Nicht nur zu Nahrungszwecken ist die Essensaufnahme sinnvoll. Der Magen freut sich, wenn er etwas zu tun hat und sich nicht mit dem teils doch recht schwankenden Schiff befassen muss. Ansonsten vertreiben wir uns die Zeit damit, das Meer zu beobachten.

Über weite Teile der siebenstündigen Überfahrt passiert allerdings wenig, so dass wir einige Zeit in unserer Kabine verbringen und ein Schläfchen halten. Das ändert sich erst, als langsam, aber sicher Mallorca am Horizont auftaucht. Zunächst ganz unscheinbar, dann immer massiver baut sich das Eiland vor uns auf. Zeitlich günstig wird es in den Abendstunden von der untergehenden Sonne majestätisch in Szene gesetzt. Gemächlich biegen wir in die Bucht von Palma ein, die in ein milchig-goldenes Licht getaucht wird. Der erste Blick geht so nicht aufs Gepäckband, sondern direkt auf die Innenstadt. Einen so eindrucksvollen Empfang hat man beim Fliegen definitiv nicht. Ein erstklassiger Auftritt!

Innenstadt von Palma von der Fähre aus gesehen

Runter vom Schiff und ab ins Bett – Cala Millor als Basis

Insgesamt rund 8 Stunden nach Betreten der Fähre checken wir aus dem "Hotel" aus, bestaunen noch Palma ein bisschen von Deck aus und begeben uns dann zurück in die Garage. Entspannt rollen wir aus dem Bauch des Ungetüms und kommen als erstes zu einem Corona-Checkpoint. Da wir versichern konnten, nicht in verdächtigen Ländern gewesen zu sein, blieb uns der Zwangstest erspart und wir wurden aus dem Hafen in den freien Verkehr entlassen – mit direktem Blick auf die Kathedrale von Palma. Mit dem Panorama konnten wir uns allerdings nicht zu lange aufhalten, denn unsere Unterkunft war am anderen Ende der Insel. Fahrtzeiten zur finalen Destination sollten auch auf einer Insel nicht unterschätzt werden und müssen daher bei der Tagesplanung berücksichtigung finden.

Da wir ja erst einige Tage vorab wussten, dass wir Mallorca besuchen, konnten wir bei den Unterkünften nicht mehr ganz aus dem Vollen schöpfen. Dazu kommt, dass Mitte September auch durchaus noch zur Hochsaison gehört. Nichtsdestoweniger haben wir ein sehr schickes Apartment gefunden. Die via AirBnB gebuchte Ferienwohnung ist hell, großzügig dimensioniert und modern eingerichtet. Neben einem riesigen Fernseher und Klimaanlage glänzt bei der Ausstattung vor allem das Glasfaser-Internet mit 500 MBit/s down ... und up!

Das beste Feature jedoch war die unmittelbare Lage in erster Reihe am Meer und der entsprechende Blick. Schon von der Couch aus ist das Panorama zweifelsfrei postkartentauglich. Der Strand zieht sich die Bucht entlang, eingerahmt vom blauen Meer und den ersten Bergen am Horizont. Genau das ist Mallorca und nicht etwa Sangria am Ballermann. Von diesem sind wir zum Glück maximal entfernt. Cala Millor befindet sich quasi mittig an der Ostküste der Insel. Nach Cala Radjada oder Porto Cristo ist es nicht weit, auch nicht ins Gebirge.

Blick am Strand von Cala MillorIm Ort selbst ist das Unterhaltungsangebot jedoch eher begrenzt. Man kann sich zwar problemlos mit dem täglichen Bedarf versorgen, der Bär tobt aber eher woanders. Die Promenade besteht überwiegend aus Hotels und Restaurants, von denen aber viele geschlossen haben – die meisten davon pandemiebedingt, einige leider dauerhaft. Dennoch laden der Strand und die dahintergelegenen Klippen zu einem schönen Spaziergang ein. Die Landschaft und das Panorama sind nicht nur einen Blick wert, sondern auch das eine oder andere Foto. Die Location taugt also als Ausgangsbasis für unsere geplanten Ausflüge bestens. Welche das sind, schauen wir uns demnächst genauer an ;). Nach dem langen Tag auf der Fähre, Tanken und Einkaufen ruft am ersten Malle-Abend jedoch zunächst mal das Bett.

The Long Way Down – Es geht auch mit der Fähre!

Man könnte denken, so eine Fährüberfahrt ist eigentlich der pure Stress. Ein neuer Prozess, in den man sich einarbeiten muss, es geht total langsam voran und eigentlich ist es ja sowieso nur lästige Logistik. In Teilen stimmt das auch. Dennoch war der Tag der Fährüberfahrt einer der interessantesten unseres gesamten Urlaubs. Zum einen finden wir es immer sehr spannend, neue Reisemittel kennenzulernen. Zum anderen bietet die Überfahrt völlig neue Perspektiven auf die Reiseziele.

Sonnenuntergang über dem Südwesten von Mallorca vom Mittelmeer aus gesehenSowohl Mallorca als auch Barcelona mal vom Wasser aus zu sehen, war allein schon die Überfahrt wert. Aber auch das Reisen an sich bewertet man anders, wenn man mal einen Gang zurückschaltet. Mal ohne hektischen Verkehr und Flughafenstress von A nach B zu kommen, indem man stattdessen einfach ein paar Stunden entspannt aufs Meer schaut, war eine wichtige und schöne Erfahrung. Aus der praktischen Perspektive hätte jedoch einiges besser organisiert sein können. Es gibt keinen rein digitalen CheckIn-Prozess. Die Ausschilderung sowohl im Hafen als auch auf der Fähre ist eher spärlich und Kommunikation mit dem Personal auf Englisch nicht immer machbar.

Blick auf Barcelona von der Autofähre im Hafen aus gesehenBeachten sollte man zudem, dass die Preise stark variieren – je nachdem, wann und wie man bucht. Es empfiehlt sich daher dringend, Reisezeiträume und Anbieter zu vergleichen. Über einen einigermaßen robusten Magen – oder alternativ Tabletten gegen Reiseübelkeit – sollte man ebenfalls verfügen. Damit ihr für eine eventuelle Überfahrt einen besseren Überblick bekommt und vor allem eine konkrete Vorstellung davon, was ihr bei der Fährnutzung alles beachten müsst, arbeiten wir derzeit an einem kleinen Video-Tutorial für euch. Dieses werden wir dann in den kommenden Wochen veröffentlichen und hier verlinken:

Tutorial/Review: Mit der Trasmediterránea Autofähre von Barcelona nach Palma de Mallorca

Unterm Strich war die Überfahrt mit der Autofähre eine sehr lohnenswerte Geschichte. Nicht nur die Logistik und der Perspektivwechsel dahinter waren spannend. Nein, vor allem hat es uns die Fähre endlich ermöglicht, uns mal mit einem schönen Auto auf den mallorquinischen Straßen auszutoben. Was wir dort so getrieben haben, lest ihr im nächsten – und letzten – Artikel zum #EUROadtrip21.

4er BMW am Cap Formentor mit Leuchtturm

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