Die Blätter sind schon halb braun, der Himmel öfter grau als blau und die Temperaturen gehen in den Keller. Es wird Herbst in Deutschland. Schnell weg. Sommer, Palmen, Sonnenschein ... genau das Richtige, um den Sommer nochmal in den letzten Zügen zu genießen. Also ab zum nächsten Flieger!
Von quasi jedem deutschen Flughafen erreicht man den Sommer auch im Frühherbst noch relativ einfach innerhalb von rund 2 Stunden - so z.B. auf dem sonnigen Mallorca. Passend zum herbstlich-grauen Wetter haben wir uns die letzte Septemberwoche mal wieder von den Qualitäten der Deutschen liebster Insel überzeugt.
Mallorca - Bettenburgen, Biereimer und Ballermann?
Der Ruf der größten Baleareninsel ist ja immer noch einigermaßen durchwachsen. Zum Glück ist die Zahl derer, die sich dazu hinreißen lassen, mit easyJet hinzufliegen, den Bus vom Flughafen ins 3 km entfernte S'Arenal zu nehmen und sich dort in eines der zahlenreichen Billigsthotels an der Platja de Palma einzuquartieren, stark rückläufig - wohl auch wegen der neuen Benimmregeln. Dennoch ist pauschaler Sauftourismus nun so gar nicht unser Ding. Also bloß schnell weg vom Ballermann, aber wie?
Aufgrund des eher mageren Nahverkehrsnetzes auf der Insel, ist ein Mietwagen dringend zu empfehlen! Das reichhaltige Angebot und die nachsaison-bedingt dünne Nachfrage haben wir uns zunutze gemacht und uns preisgünstig für die Oben-Ohne-Variante entschieden. Getreu dem Motto "Give Benz a chance" war unser Reisegefährt ein Mercedes-Benz SLK 250 CDI Cabrio.
Adäquat für die engen mallorquinischen Straßen gerüstet, haben wir unser Ziel anvisiert. Es zieht uns in den ca. 60km entfernten Südosten der Insel - fernab vom Plamaer Großstadttrubel und Billigtouristen. In der Gegend rund um Cala d'Or bei Santanyi stehen Ruhe, Gelassenheit und Entspannung im Vordergrund und das ganz besonders in unserem Urlaubsdomizil.
Porto Colom - Fischerboote statt Luxusyachten
Das verschlafene Fischerdörfchen in der Gemeinde Felanitx sollte für die letzte Septemberwoche unser temporäres Zuhause sein. Der Ort liegt direkt an der Küste und rühmt sich, neben der Tatsache, dass ihm angeblich Christoph Columbus entstammt, mit dem größten Naturhafen der Insel.
Unweit davon befindet sich die malerische Badebucht. Diese ist, wie viele Buchten auf Mallorca, nicht sonderlich groß. Allerdings sind in der Nachsaison auch nicht mehr unüberschaubar viele Leute am Strand, so dass einem relaxten Nachmittag hier nichts im Wege steht :).
Ebenso recht sehenswert sind die überwiegend hübschen Strandhäuser und -villen, die hier die zweite Küstenreihe zieren - anders als die Hotelbunker, die andernorts die Landschaft entstellen. Apropos Häuser in Strandnähe...
Mi Casa es su Casa - Ferienwohnungen auf Mallorca
Beim Thema Unterkunft verliert die Hotelvariante nicht nur im Punkt Charme, sondern meist auch im Preis und vor allem im Preis/Leistungsverhältnis. Viele hervorragende Immobilien werden nicht in dem Sinne bewohnt, sondern sind mehr Investitionsobjekte. Die Besitzer sind oft nur ein paar Wochen im Jahr da und vermieten die Wohnungen die restliche Zeit. Durch das große Angebot lassen sich günstige Preis erzielen, so auch bei unserem Penthouse, 50m vom Strand entfernt :).
Für rund 40€ pro Nacht und Nase bekommt man eine gut ausgestattete Wohnung mit Küche + Kochgerät, Bad und mehr als genug Platz für zwei Personen. Der schicke ländlich-spanische Stil wertet den Aufenthalt ebenfalls auf.
Neben der Pool- und Gartennutzung locken hier vor allem auch die zwei Terrassen. Die Hintere wurde allerdings von uns eher zum Wäschetrocknen und Abstellen verwendet. Die Frontterrasse war riesig (ca. 25m²) und der Ausblick ... nun, seht selbst:
Na wenn dieser Anblick nicht motiviert mittags aufzustehen, weiß ich auch nicht :). Als sehr romantisch erwies sich auch die Tatsache, dass man vom Schlafzimmer aus schön das Meer rauschen hört. Solche und ähnliche Objekte lassen sich einfach und günstig auf den üblichen Portalen finden und buchen, etwa auf FeWo-Direkt.de oder (mallorcaspezifisch) IRentMyVilla.com.
Dios mio! Kulinarische Spezialitäten
In den südeuropäischen Ländern wird ja oftmals mehr Wert auf die Qualität von Nahrungsmitteln gelegt als in Deutschland. So findet man in Spanien sehr gutes Essen zu relativ niedrigen Preisen. Schon der Start in den Tag kann äußerst schmackhaft sein. Leckeren Serrano-Schinken, milden Käse und saftiges Obst gibt es zu überschaubaren Preisen in jedem Supermarkt. Dazu ofenfrisches Brot und frisch gepressten O-Saft. Natürlich schmeckt fast jedes Frühstück gut, wenn man dabei diese Aussicht genießen kann :).
In Küstennähe (oder auf Inseln ;)) gibt es an der Fischtheke immer quasi fangrische Fische und Meeresfrüchte. Mit der passabel ausgestatteten Küche der Ferienwohnung und etwas Kochgeschick lassen sich so auch mittags oder abends exquisite Gerichte zaubern.
Auf Selbstversorgung ist man aber natürlich nicht angewiesen. Mallorca glänzt auch mit an Vielzahl an Restaurants, Bars und Kneipen. In unserer Ecke ist Cala d'Or der Touristenmagnet und besteht gefühlt zur Hälfte aus Gastronomie. Im Kneipenviertel rund um die Avenida Belgica ist für jeden Geschmack was dabei.
Für einen Absacker in Porto Colom eignet sich der Club Fidel - gleich neben dem Restaurant Colon. Aufgrund der guten Lage sind die Preise relativ gehoben, allerdings wird dies auch durch die hervorragenden Cocktails gerechtfertigt! Zumindest den Mojito und den Strawberry Colada können wir sehr empfehlen :).
In Vino Veritas! Weinkultur auf Mallorca
Wer sich alkoholisch eher für Wein denn für Rum interessiert, auch für den bietet die Insel einiges! Weine aus Mallorca werden von Jahr zu Jahr beliebter. Um sich mit der mallorquinischen Winzertradition auseinanderzusetzen begibt man sich am besten in die heimliche Weinhauptstadt - Binissalem.
Der Ort im Herzen der Insel ist mit seinen vielen Weingütern, Bodegas und kleinen Winzerstuben der erste Anlaufpunkt für einen guten Tropfen. Einen guten Überblick bekommt man mit dem "Mallorca Wine Express" oder einer alternativen Weintour, die einen zu den empfehlenswerten Spots bringt und das nötige Wissen vermittelt.
Wir für unseren Teil haben uns auf die Tour des größten Weingutes - das von José Luis Ferrer - beschränkt. Dieses kann man für 10€ mit einer geführten Tour besichtigen und sich nach der ca. halbstündigen, sehr interessanten, Führung noch dem Genuss diverser Weine bei einer kleinen Probe hingeben.
Genug gefuttert - ab auf die Straße!
Trotz Premiumausblick und kulinarischen Genüssen ist die Mallorca-Reise nicht komplett, ohne ein wenig die Insel gesehen zu haben. Die größte der Baleareninseln bietet unzählige traumhafte Attraktionen und Locations. Folglich haben wir die 204 Pferde gesattelt, die Sonne reingelassen und uns auf die Straße begeben!
Beeindruckende Landschaften und Fahrfreude gleichermaßen bieten insbesondere die West- und die Nordküste der Insel. Mit Andratx als Ausgangspunkt starten wir auf die MA-10 - eine der schönsten Landstraßen Europas - und fahren einmal quer durch das Tramuntana-Gebirge, eingerahmt in ein Panorama aus kristallklarem Meerwasser, schroffem Gebirge und kurvigem Asphalt. Ein Traum.
Valldemossa - Perle in den Bergen
Nach ca. einer Stunde Fahrt (~40km) erreicht man das malerisch-verschlafene Bergdörfchen Valldemossa. Jedenfalls ist es das abseits der Hochsaison, denn die Touristenbusse laden in den Sommermonaten tägliche tausende Touris aus. Dennoch strahlt der Ort in den Bergen nach den teils hektischen Kurven eine entspannende Ruhe aus. Die Atmosphäre ist geprägt durch historische kleine Gässchen und zufriedene Bewohner.
Das Stadtbild im Zentrum bilden in erster Linie Cafés, Boutiquen und kleine Läden für alles Mögliche. Da Valldemossa der größte Ort im Umkreis von einigen Kilometern ist, bietet es sich an hier in einem Cafe eine Stärkung zu sich zu nehmen - z.B. in Form von Kaffee und Kuchen - und ein wenig das Treiben zu beobachten.
Auf einem kleinen Spaziergang durch die Stadt kommt man auch an der Kartausse nicht vorbei. Dieses ehemalige Kloster war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das Zuhause von Mönchen des Kartäuserordens und ist heute noch der zentrale Punkt der der Stadt. Sehr sehenswert ist nach der von diversen Epochen geprägten Architektur in erster Linie der schön angelegte Klostergarten.
Künstler auf dem Hügel
Frisch entspannt und gut gestärkt wird die Reise Richtung Nordosten fortgesetzt. Die durchgängig kurvige MA-10 macht von der Streckführung her wahnsinnigen Spaß - wenn da nicht die Schleicher und Touristenbusse wären. Wenn man hinter solche Verkehrsteilnehmer gerät, ist man am besten damit beraten die schöne Landschaft zu genießen oder in den kleinen Städtchen immer mal eine Pause zu machen. Das nächste davon ist Deia.
Besonders spannend ist, dass der Ort im Wesentlichen auf einem Hügel in einem Tal gebaut wurde und sich so das Stadtbild auf einzigartige Art und Weise in die Landschaft einfügt. Außerdem ist es als Künstlerdorf bekannt, da viele Maler, Schauspieler und Musiker sich hier niedergelassen haben, so z.B. Ex-James Bond Pierce Brosnan.
Sa Calobra - ein Hauch von Magie ... und Hollywood
Weiter geht es für uns auf der MA-10 Richtung Sóller, dem größten Ort seit Beginn unserer Tour in Andratx. Deutlich sehenswerter ist allerdings das zugehörige Hafenstädtchen Port de Sóller, welches wir leider aus Zeitgründen links liegen lassen müssen. Unsere nächste Destination ist das winzige Fischerdörfchen Sa Calobra - oder viel mehr der grandiose Weg dorthin.
Hier schmiegt sich auf 14 Kilometern eine verführerische Serpentine nach der nächsten an die Felswand - ein Traum für jeden Roadsterpiloten. Insbesondere die 12 Haarnadelkurven und natürlich die einzige 270°-Kurve auf der Insel, die "Nus de sa Corbata" - besser als Krawattenknoten bekannt - verbinden wie nur wenige andere Strecken in Südeuropa fahrerische Herausforderungen mit atemberaubender Landschaft.
Wer den beschwerlichen Abstieg meistert, findet das ehemalige Fischerdorf Sa Calobra vor, welches inzwischen quasi ausschließlich aus Hotels und (überteuerten) Restaurants besteht. Folgt man allerdings der Küste zu einem kleinen, eher unscheinbaren Felstunnel, so führt dieser zur Mündung des Torrent de Pareis und in eine der abgelegensten Buchten der Insel.
Der quasi winzige Kieselstrand wird malerisch von Felswänden eingerahmt und ist nur über den Seeweg, den winzigen Felstunnel oder eine lange Wanderung entlang des Torrents erreichbar. Die Faszination dieses Ortes ist allerdings weithin bekannt, so dass man nicht erwarten darf, hier allein zu sein. Auch für Hollywood ist die Bucht ein beliebtes Set, so z.B. in der Anfangsszene von Cloud Atlas mit Tom Hanks und Halle Berry.
Ruhepol in den Bergen - Das Kloster Lluc
Sa Calobra mit dem Auto zu verlassen, geht nur auf demselben Weg über den man gekommen ist - für die einen ein beschwerlicher Aufstieg, für die anderen ein Grund, um breit zu grinsen :D. Wenn man ohne Schleudertrauma oben angekommen ist befindet man sich unweit des Wallfahrtsortes Santuari de Lluc.
Bereits seit dem 13 Jahrhundert wissen die Leute, die diesen Ort besuchen, die unglaubliche Ruhe zu schätzen, die von ihm ausgestrahlt wird. Da die Klosteranlage ringsum von Bergen umgeben wird, ist man fernab von störenden Einflüssen wie Stadtlärm. Diesen Luxus wissen auch Naturfreunde zu schätzen, denn am Kloster befindet sich eine der wenigen Möglichkeiten mit dem Zelt zu übernachten - in völliger Ruhe und bei klarstem Sternenhimmel. Auch Wanderungen ab hier bieten sich an, etwa durch das zum Kloster gehörige Hochtal.
Die Highlights im Nordosten - Pollenca und Alcudia
In Lluc hat man den Großteil der Strecke hinter sich. Je nach Lust und Tageszeit hat man hier die Möglichkeit, die Berge in Richtung der nächsten größeren Stadt Inca zu verlassen, oder der Straße weiter nach Pollenca zu folgen. Die kleine Stadt zeichnet sich in erster Linie durch ihre spektakuläre Lage, auf halbem Wege zwischen dem Gebirge und dem Mittelmeer, aus. Ihr Wahrzeichen ist die Carrer del Calvari, eine monumentale Treppe, die auf den Kalvarienberg führt.
Ähnlich wie die Spitzhaustreppe im schönen Radebeul hat die Freitreppe in Pollenca auch 365 Stufen. Sie ist damit die längste Treppe auf der Insel. Erklimmt man diese wird man mit einem herrlichen Ausblick über die Stadt selbst und den Nordosten Mallorcas belohnt.
Das Meer sieht man von dort oben bereits am Horizont und man kommt auch relativ schnell hin. In den Küstenstädten Port de Pollenca und Alcudia mit, ihren dazugehörigen Buchten, laden einen Promenade und Strand zum flanieren, baden und entspannen ein. Der Sandstrand in der Bucht von Alcudia erstreckt sich über 25km - und ist somit der längste der Insel, die Bucht selber sogar über 30.
Ganz im Norden - das Cap de Formentor
Folgt man der Bucht in Richtung Nordnordosten kommt man über Port de Pollenca zur Auffahrt zum Cap de Formentor - dem nördlichsten Punkt von Mallorca. Die ca. 20km lange Serpentinenstraße ist fahrerisch nicht ganz so spektakulär wie die Abfahrt nach Sa Calobra, aber landschaftlich noch beeindruckender.
Am Ende der, insbesondere auf dem letzten Stück, relativ engen und daher recht anspruchsvollen Straße, erwartet einen der historische Leuchtturm Faro de Formentor. Er gilt als Wahrzeichen des Caps und ist einer der fünf noch in Betrieb befindlichen Leuchttürme Mallorcas. Und eine exzellente Fotokulisse :).
Es empfiehlt sich, das Cap nach Möglichkeit am Abend zu besuchen, da zum einen der Großteil der Touristenmassen dann verschwunden ist (Parkplätze sind äußerst begrenzt). Zum anderen weil der Sonnenuntergang die Szenerie in ein sehr malerisches Licht taucht und so den ohnehin schon grandiosen Ausblick noch ein Wenig zauberhafter gestaltet.
Eine Ankunft spät am Abend hat allerdings noch weitere Vorteile. In erster Linie den, dass man unterwegs den schönen Sternenhimmel, für den Mallorca ja auch nicht zuletzt berühmt ist, genießen kann. Oder in der Dunkelheit auch die hellerleuchtete Bucht von Port de Pollenca - kein einfaches Motiv aber unverzichtbar für jeden zumindest semiernsthaften Fotografen.
Mit diesen Eindrücken beenden wir unsere kleine Rundreise durch den Inselnorden. Wer der Route von Andratx zum Cap de Formentor folgt, wird mit einer fahrerisch grandiosen Erfahrung belohnt und zumindest der Beifahrer mit bleibenden Erinnerungen an die zauberhafte Landschaft Mallorcas. Die Tour über die MA-10 entlang der Serra de Tramuntana ist ein MUSS für jeden Mallorcatouristen, der nicht nur da ist, um früh sein Handtuch auf die Liege zu werfen.
Herbst auf Mallorca - ein Fazit
Was für eine herrliche Woche. Standnahes Penthouse, sonniges Cabriowetter, gutes Essen, traumhafte Landschaft - das ist Mallorca. Nicht etwa Biereimer und Proleten bestimmen das Gesicht der Insel, sondern das mediterrane Flair und die spanische Gelassenheit. Jeden, der Mallorca die Chance gibt, das Ballermann-Image abzulegen, wird die Insel mit einem unvergesslichen Urlaub belohnen.
Wir können nur empfehlen, abseits der Platja de Palma die Seele baumeln zu lassen und sich (vorzugsweise mit etwas Heckgetriebenem) wahlweise in den bergigen Norden oder den malerischen Osten der Insel zu begeben. Um dem zentraleuropäischen Herbst noch 1-2 Wochen zu entkommen ohne gleich Tausende von Euro auszugeben ist Mallorca der erste und beste Anlaufpunkt.
Buen viaje!