Winterverkürzung reloaded - Zurück auf die Kanaren
Ach ja, der Winter. Auch wenn er hier und da seine schönen Tage hat, so ist das Meiste der kalten Jahreszeit dann doch verzichtbar. Als bestes Rezept gegen den Blues hat sich "einfach keinen Winter haben" herausgestellt =). Das bedeutet aber auch, Deutschland zumindest zeitweise zu verlassen. Je nach konkreter Jahreszeit kann dafür eine nette Woche Malle völlig ausreichend sein, so wie im Herbst 2023. Im Januar hingegen tut es das Mittelmeer nicht mehr, so dass vergangenes Jahr der Golf von Mexiko Abhilfe schaffen musste – alles zunächst gute Optionen.
Ein richtiger Sommerurlaub ist leider vergangenes Jahr nicht drin gewesen, da persönliche Termine aus langfristigen Verpflichtungen dies nicht zugelassen haben. Unsere klassische Reisezeit Anfang September nach den Sommerferien war also hinfällig, nicht aber der Bedarf an Sonnenstrahlen. Erst Mitte Oktober konnten wir dann tatsächlich in die Ferne schweifen, nur leider war inzwischen auch der Sommer fern. Wie wir bereits im Teneriffa-Artikel beschrieben haben, ist es gar nicht so einfach, im Winterhalbjahr ein warmes Ziel anzusteuern, sofern es keine Fernreise werden soll.
Zudem sind im Oktober die Reisemöglichkeiten oft auch schon etwas eingeschränkt, z. B. bei den Flügen. Auf der anderen Seite hat ein Sommerurlaub mitten im Herbst eben auch den Vorteil, dass man sich mit eben diesem weniger auseinandersetzen muss, und dafür nimmt man auch die ein oder andere Unannehmlichkeit gerne in Kauf! Mit der begrenzten Auswahl an Zielen, den hervorragenden Erfahrungen auf Teneriffa aus dem Vorjahr und vor allem dem Verlangen nach richtig geilem Wetter lagen für uns die Kanaren schnell nahe. Vielleicht eine gute Gelegenheit, die "Hauptinsel" besser kennenzulernen? Klingt nach einem Plan! Wer den Jahresrückblick gelesen hat, der weiß, dass das Jahr 2024 vor allem von Arbeit und Stress dominiert war. Daher entscheiden wir uns bewusst für zwei Wochen, um auch einmal ein paar Tage ungezwungen entspannen zu können, ohne "volles Programm". Mitte Oktober geht es für uns daher für 14 Tage von Leipzig aus nach Gran Canaria.
Condor statt Kranich - Anreise & Unterkunft
Nach sehr gemischten Erfahrungen mit dem Discover-Flug auf die Kanaren im Jahr zuvor - und vor allem dem (Nicht-)Rückflug - haben wir zunächst die Alternativen untersucht. Das lag auch daran, dass eine Reise über Frankfurt oder München auch immer mit Overhead verbunden ist. So kommt uns gelegen, dass Condor ab Leipzig einen Direktflug in die Inselhauptstadt Las Palmas anbietet. Allerdings ist die Kapazität in der Nebensaison begrenzt und das merkt man auch am Preis und der Auslastung. Zu zweit werden unverschämte 1.500€ fällig - ähnlich viel wie mit der Lufthansa nach Miami Anfang des Jahres?! Dass es dann dafür nicht mal ein Glas Wasser gibt, ist unverständlich. Obwohl das Serviceniveau ansonsten okay ist, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis mehr als fragwürdig.
Ungeachtet dessen kommen wir wohlbehalten und einigermaßen pünktlich auf den Kanaren an. Der Ersteindruck bleibt leider hinter dem auf der Nachbarinsel Teneriffa etwas zurück. Der Flughafen wirkt etwas in die Jahre gekommen, mit Ach und Krach bekommen wir ein verbeultes Audi A5 Cabrio und die ersten Meter auf der Autobahn entlang der Ostküste zeugen in erster Linie von den Bausünden des Massentourismus. Spannend, dass sich hier die gleiche Aufteilung etabliert hat wie nebenan auf Teneriffa. Im Süden und Osten, hauptsächlich zwischen Maspalomas und Las Palmas, dominieren Hotelanlagen für AI-Reisende. Dabei ist die Bandbreite groß. Vom Zwei-Sterne-Bettenbunker bis zum Fünf-Sterne-Ressort ist alles dabei, was das Herz begehrt und der Geldbeutel zulässt.
Wir entscheiden uns hingegen abermals für eine individuellere Lösung und residieren in einer großzügigen Ferienwohnung im Nordwesten. Entlang der Nordküste geht es beschaulicher zu und es herrscht mehr "echtes Leben", auch wenn hier ebenfalls viel auf den Tourismus ausgerichtet ist. Konkret kommen wir unter im "Valle de Agaete", einem ruhigen, grün-braunen Bergtal. Von unserer mehr als geräumigen Terrasse aus können wir nicht nur das Tal selbst und das umgebende Gebirge bewundern, sondern auch das Meer und an klaren Tagen sogar Teneriffa mit dem markanten Teide. So lässt es sich durchaus zwei Wochen aushalten!
Wasser, Wandern und Wein - Im Valle de Agaete
Wie so oft auf Reisen, besonders wenn wir länger an einem Ort sind, bemühen wir uns, an den ersten Tagen zunächst mal "unsere Hood" kennenzulernen. Konkret wohnen wir in der "Urbanización La Suerte", einem kleinen Ort oberhalb der Stadt Agaete. Zusammen mit dem direkt daran angrenzenden Hafenstädtchen Puerto de Las Nieves und dem benachbarten Gáldar, der nächstgrößeren Stadt, bildet es unsere Basis für die kommenden zwei Wochen. Wir starten mit einer Autotour bis ganz ans Ende des Tals. Dabei wird die schöne und kaum befahrene Serpentinenstraße zunehmend schmaler und steiler - ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Fahrten.
Am Wegesrand fällt uns auch direkt ein Lost Place auf. Es handelt sich um eine alte Abfüllanlage für Mineralwasser. Im Valle wurden mit dem hiesigen, sehr eisenhaltigen Grundwasser früher viele Geschäfte gemacht. So gab es Spa-Hotels mit Mineralbädern und eben auch Mineralwasser, welches in Flaschen vertrieben wurde. Auch hier in Los Berrazales wurden ganz offensichtlich Flaschen der Marken "Agua San Roque" (Für eine glückliche Verdauung!) und "Agaete con Gas" abgefüllt. Oberhalb der Anlage befand sich zudem das Wellness-Hotel "Princesa Guayarmina", welches sich allerdings nicht mehr in einem "explore-fähigen" Zustand befand. Einen kleinen Urbex-Ausflug in die Botelladora lassen wir uns jedoch nicht nehmen!
Ganz am Ende des Tals befindet sich der Startpunkt mehrerer Wanderungen. Wir entscheiden uns dafür, von El Sao zu einem alten, kleinen Kloster namens Refugio El Hornillo zu wandern. Knapp 3 Kilometer klingen zunächst sehr überschaubar, würde man auf diesen nicht über 600 Höhenmeter auf- und absteigen - und das auf zum Teil leidlich befestigten Wegen. Die Hitze sollte man ebenfalls berücksichtigen und an eine Kopfbedeckung und ausreichende Wasserzufuhr denken. Dann ist die Wanderung entlang des Rands einer kleinen, aber sehr grünen Felsschlucht ("Barranco") sehr malerisch! Unterwegs bestaunen wir alte Wohnhöhlen, die bis vor einigen Jahrzehnten tatsächlich auch noch Einwohner hatten. Oben angekommen, gönnen wir uns ein Kaltgetränk und den sehr hübschen Panorama-Blick über das Tal.
Die doch sehr grüne Aussicht verrät: Das Klima ist hier sehr günstig für allerlei Pflanzen. Tatsächlich ist es sogar relativ einzigartig, denn das Valle ist einer der wenigen Orte in Europa, an denen Kaffee wächst. Mehr darüber erfahren wir bei einem Besuch auf der "Finca La Laja", einem Landgut wenige Minuten von unserer Unterkunft entfernt. Hier werden seit Generationen Zitronen, Orangen, Chilis und sogar Avocados angebaut und neben dem Kaffee vor allem auch Wein. Bei einer netten, kleinen Führung und anschließender Verkostung mit Wein, Käse, Zitronenkuchen und dem wirklich leckeren lokalen Kaffee tauchen wir ein in die Welt der lokalen Produkte. Der Nachmittag auf der Finca lohnt sich und verdeutlicht die Vielfalt unseres kleinen Tals!
Highlight vor der Haustür - Mit dem Cabrio auf der GC-200
Nachdem wir uns nun ausgiebig davon überzeugt hatten, dass die Nachbarschaft nicht nur sehr hübsch ist, sondern auch unerwartet viel an Sights zu bieten hat, geht es darum, den Rest der Insel zu erfahren. Gran Canaria ist nicht zuletzt auch für traumhafte Straßen bekannt - ein Versprechen, dass wir direkt einzulösen gedenken. Zu unserem großen Glück beginnt unmittelbar in Agaete Kilometer Null der GC-200. Diese Überlandstraße windet sich von dort aus zunächst in beeindruckender Form direkt an der Westküste entlang, bevor sie - auf den neuer ausgebauten Stücken - einen Bogen landeinwärts schlägt und schließlich in Mogán im Südwesten endet.
Soweit zur Theorie. Die Praxis wird dem jedoch nicht gerecht. Tatsächlich ist ein Drive im Cabrio auf der GC-200, besonders im Sonnenuntergangslicht, eine atemberaubende Erfahrung. Wenn man nach den ersten Kilometern einige hundert Höhenmeter gewonnen hat und direkt an die Klippen kommt, zeichnet sich ein Bild für die Götter. Die schroffe Küste, die scharf ins Meer abfällt, die Wellen, die ihr entgegenschlagen und die Sonne, die all das in ein milchig-gold-orangenes Licht taucht. Wow. Diese Gelegenheit nutzen wir des Öfteren, gern einfach auch mal so. Was dem Fahrspaß auch extrem entgegenkommt: Aktuell wird eine Umgehung durch den Berg selbst gebaut, welche in Teilen auch schon eröffnet ist und den Großteil des ohnehin überschaubaren Verkehrs von der eigentlichen Küstenstraße ableitet.
Andere Teile der ursprünglichen Strecke hingegen sind leider gar nicht mehr befahrbar. Das heißt aber auch, dass es Sackgassen gibt, die wiederrum immer frei sind. Obwohl diese Abschnitte teilweise nicht mehr im besten Zustand sind, so sind sie doch gut befahrbar und lassen garantierten Fahrspaß aufkommen. So verirren wir uns zum ehemaligen Aussichtspunkt "Andén Verde". Dieser ist nicht nur ein Geheimtipp, weil man hier auf der Auf- und Abfahrt rund 10 km die Strecke quasi komplett für sich hat. Er bietet auch einen spektakulären Ausblick auf Teneriffa und den Teide. Auch das restliche - hervorragend ausgebaute - Stück nach Mogán ist erstklassig. Zweifelsfrei ist die GC-200 eine der beeindruckendsten Küstenstraßen in Europa und, da sie kaum einer kennt, auch eine der exklusivsten. Wir haben hier die schönsten Momente im ganzen Urlaub.
Wer es noch actionreicher und abgelegener mag, dem sein empfohlen, bei Veneguera in Richtung Meer abzubiegen. Hinter dem Dorf beginnt allerdings eine fordernde Offroad-Strecke, für die wir ein Fahrzeug mit ausreichender Bodenfreiheit und Allradantrieb empfehlen. Fahrer mit Geländeerfahrung bewältigen die Fahrt evtl. auch im A5 Cabrio, auch wenn sich das danach sicherlich am Unterbodenschutz bemerkbar macht ;). Belohnt wird man dafür nicht nur mit der Fahrt durch das schroffe Bergtal an sich, sondern vor allem mit der niedlichen Bucht am Ende. Die Felsen am Ende schließen einen Strand aus schwarzem Vulkansand ein. Dieser ist aufgrund der fordernden Anfahrt nur von ein paar Vanlifern bevölkert und entsprechend nahezu menschenleer. Auf dem Rückweg kann man noch die "Los Azulejos" bewundern, bunte Gesteinsschichten, die an das Death Valley erinnern.
Das hügelige Herz - Im Gebirge
Der Vorteil so einer Vulkaninsel ist ja auch, dass man sich nicht zwischen dem Meer und den Bergen entscheiden muss. Um das Inland besser kennenzulernen, brechen wir ins Gebirge auf. Direkt südlich von Agaete folgen wir der GC-216 und 217, welche uns auf teilweise wirklich sehr malerischen und überwiegend breiten Straßen durch den bergigen Nordwesten führen. Ziel ist hier der "Pico de Tamadaba", um welchen es eine Einbahn-Rundstraße gibt. Der Audi schlägt sich hier zwar gerade noch okay, aber man merkt, dass reiner Frontantrieb und 150 PS auf den teils doch sehr steilen Pisten nun wahrlich keine Übermotorisierung darstellen. Dessen ungeachtet haben wir hier viel Fahrspaß, vor allem aufgrund der weitgehend menschenleeren Straßen. Anders als an die Küsten verirren sich deutlich weniger Touristen in die eher dünn besiedelte Inselmitte.
Allerdings gibt es durchaus auch Zivilisation. Über eine Reihe von niedlichen, mal besser, mal schlechter ausgebauten Serpentinenstraßen schlagen wir uns durch in das kleine Bergdorf Teror. Dem Namen zum Trotz geht es hier sehr friedlich zu (wenn nicht gerade Kartoffelfest ist =)). Bei einem Spaziergang durch die Altstadt zur Kirche "Basílica de Nuestra Señora del Pino" genießen wir die fachgerecht und liebevoll instandgehaltenen Häuser und kehren in einem kleinen Café ein. Von den Touristenströmen der Südküste ist man hier weit entfernt und für einen schönen Nachmittagsausflug eignet sich Teror in jedem Fall!
Der eigentliche Mittelpunkt der Insel ist der "Pico de las Nieves", der gleichzeitig mit 1949 Höhenmetern fast die höchste Erhebung der Insel ist. Je nachdem, welche Route man einschlägt, ist der Weg dorthin schon abenteuerlicher. Wir wählen die GC-210 von Westen. Diese ist in weiteren Teilen einspurig und schlecht einsehbar, so dass man sich hier mit Hupzeichen und auf Sicht verständigt. Mit etwas Übung funktioniert das ganz gut, dennoch sollte man damit rechnen, auf einer schmalen Straße auch mal einige hundert Meter rückwärts fahren zu müssen. Die Straße hat auch teilweise beachtliche Steigungen und nicht überall Leitplanken. Belohnt wird man auf den abgelegeneren Strecken mit schönen Ausblicken und spannenden Entdeckungen wie klassischen Höhlenhäusern. Allerdings führen auch konservativere Routen auf den Gipfel. Von diesem aus hat man einen sehr hübschen Rundumblick über die Insel!
Um die Übersicht zu vervollständigen, begeben wir uns noch nach Osten zum Krater "Caldera de Bandama". An diesem gibt es zunächst einen sehr schönen Aussichtspunkt, von dem aus man ebenfalls weite Teile der Insel überblicken kann, vor allem in Richtung der Hauptstadt Las Palmas. Zudem kann man sowohl entlang das Kraters als auch in diesen wandern. Insgesamt gibt es also eine große Vielzahl an Bergstraßen aller Couleur, die vom Feldweg bis zum vierspurigen Highway reichen. Aufgrund der relativ hohen Dichte des Straßennetzes führen oftmals auch mehrere Routen zum Ziel, so dass man die krass-steile Serpentine oft nicht nehmen muss, wenn man nicht möchte. Sehr angenehm ist auch, dass sich große Teile der Menschenmassen eher auf die Küsten konzentrieren, und schon deswegen lohnt sich der Ausflug in die Berge!
Für bewegte Bilder der Straßen Gran Canarias haben wir hier die schönsten Passagen in einem Timelapse zusammengestellt, beginnend mit der GC-200:
Von der Wüste in den Club - Maspalomas und Playa del Ingles
Ein gutes Beispiel für das (massen-)touristische Gran Canaria ist der Ferienort Maspalomas ganz im Süden. Die Stadt besteht zum großen Teil aus Hotelanlagen, Ferienwohnungen und entsprechenden Attraktionen wie Restaurants oder Nachtclubs. Das ist in sich auch relativ hübsch gemacht. Besonders die 5-Sterne-Hotels warten mit teils sehr liebevoll gestalteten Anlagen auf. Auch die Restaurants sind von überraschend guter Qualität, wenn man die üblichen Touristenfallen links liegen lässt. Ein Highlight von Maspalomas ist die Promenade rund um den alten Leuchtturm "El Faro".
Das "Key-Feature" der Gegend ist jedoch klar ein anderes. Direkt an die Promenade schließt sich ein Sandstrand an, der etliche Kilometer lang ist und daher immer ein freies Plätzchen im Angebot hat. Spannend sind aber vor allem die dahinter liegenden Dünenfelder. Diese umfassen mehrere Quadratkilometer und laden zum Wandern, Chillen und Entdecken ein. An manchen Stellen fühlt man sich wie in der (nicht allzu weit entfernten) Sahara - ein spannendes Naturerlebnis, welches den Abwechslungsreichtum der Insel unterstreicht. Nach der dritten Düne ist man dann auch schnell wieder weit weg vom Massentourismus, so dass die Landschaft hier der Gegend dann doch wieder eine gewisse individuelle Note verleiht.
Auch die typischen AI-Hotelbunker findet man hier eher selten. Dennoch ist klar, dass die ganze Gegend einzig auf den Tourismus ausgerichtet ist und kaum "echtes Leben" stattfindet. Das verleiht dem Ort einen etwas künstlichen Charme. Die Anziehung erschließt sich dennoch. Man wohnt direkt am Meer, hat alles Nötige in Laufweite, die Leute sind gut gelaunt, das Wetter angenehm - warum nicht? Hier für eine komplette Urlaubswoche abzusteigen, kann je nach Konzept durchaus eine Option sein. Wir belassen es bei zwei Tagesausflügen, die aber durchaus schön sind und auch dazu beitragen, unser Bild von Gran Canaria zu vervollständigen.
Über die komplette Bandbreite hinweg - Das Essen
Apropos Restaurants. Selbstverständlich haben wir auf einer spanischen Insel mitten im Atlantik auch die Kulinarik nicht vernachlässigt und durchgängig auf sehr solidem Niveau gegessen. Einige erinnerungswürdige Highlights gab es ebenfalls. Angefangen hat es allerdings sehr bodenständig. Direkt nach Verlassen des Flughafens gönnen wir uns die "Guilty Pleasure" und suchen eine der drei Taco-Bell-Filialen auf, um ein bisschen TexMex-Fastfood zu uns zu nehmen. Glücklicherweise beginnen die anderen Tage deutlich hochwertiger. Wahlweise nehmen wir das Frühstück auf unserer Terrasse, mal wieder mit Blick auf den Teide, zu uns oder im Hondo Café. Der niedliche, kleine Laden serviert völlig unaufdringlich hervorragende und frische Frühstückskreationen direkt in Agaete und versüßt uns diverse Male den Tagesstart!
Auch beim Abendessen arbeiten wir uns die Qualitätsleiter nach oben und besuchen zunächst diverse Restaurants in "unserem" Hafen, Puerto de las Nieves. Auch die höherwertigen erreichen dabei allerdings nur "solides" Niveau. An verschiedenen Abenden gönnen wir uns Meeresfrüchte, Paella, Pizza und anderes mehr - alles lecker, aber über ordentlichen Touri-Standard geht es eben nicht hinaus. Sehr nett hingegen, kulinarisch wie menschlich, war der spontane Abend im "El Diferente" in Gáldar. Wie wir schnell herausgefunden haben, wird das Lokal von deutschen Auswanderern betrieben. Dort genießen wir nicht nur eine exzellente Käseplatte, sondern haben auch ein sehr nettes Gespräch, bei dem uns die Inhaber leidenschaftlich von ihrem Projekt erzählen.
Im gehobenen Bereich der Skala landen wir zunächst wieder in Maspalomas, im „Café del Mar“ um genau zu sein. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Beach Club, Varieté-Theater und gehobenem Restaurant. Was zunächst etwas abenteuerlich und mehr nach Touri-Fang klingt, entpuppt sich tatsächlich als sehr lohnende Erfahrung! Nicht nur ist das Essen exzellent - wir genießen unter anderem Ochsenbäckchen-Kroketten und ein begnadetes Trüffel-Carpaccio - auch die Atmosphäre ist sehr entspannt und das Showprogramm hochwertig. Wider Erwarten eine so klare Empfehlung, dass wir selbst mehrfach da gewesen sind.
Das obere Ende der „Nahrungskette“ stellt buchstäblich die Sterneküche dar. Wir nutzen die Gelegenheit und dinieren am vorletzten Abend zum ersten Mal in einem Restaurant mit echtem Michelin-Stern. Im „Los Guayres" in Porto de Mogán gibt es kanarische Küche, modern interpretiert als Menü. Wir entscheiden uns dabei für 12 Gänge, welche preislich mit ca. 140€ pro Person sehr fair bepreist sind. Mit Grüßen des Hauses hat man insgesamt fast 20 Teller zu bewältigen, hungrig bleibt man trotz der kleinen Portionen keinesfalls. Diverse Fisch-, Fleisch und Dessertgänge lassen wir uns schmecken und genießen Qualität und Kreativität des Hauses. Definitiv kein rausgeworfenes Geld, sondern auch hier eine klare Empfehlung!
"Die ganze Welt auf einer Insel" ... ? - Das Fazit
... so beschreibt sich Gran Canaria selbst. Und es stimmt durchaus, abwechslungsreich ist sie! Von den Sanddünen in Maspalomas über die schwarzen Vulkanstrände, schroffe Steilklippen bis hin zu den Bergen im Inselinneren ist so ziemlich von allem etwas dabei. Gran Canaria eignet sich daher besonders gut als Einstieg, wenn man mit der Region oder Inselurlaub noch nicht so viel Erfahrung hat. Hier lässt sich gut ein Überblick gewinnen und auch leicht rausfinden, "was man eigentlich mag" und ggf. bei der nächsten Reise vertiefen möchte. Für eine Woche bietet die Insel mehr als genug zum Entdecken und Erleben und ist insofern als Reiseziel auch zu empfehlen.
Für uns persönlich ist sie allerdings leider etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das lag vor allem auch an uns, denn wir sind mit gigantischem Stress im Rücken in den Urlaub gestartet, der sich so oder so in zwei Wochen Urlaub nicht hätte kompensieren lassen. Das wollen wir der zweifelsfrei sehr schönen Insel natürlich nicht anlasten. Allerdings hat es für unseren Geschmack ein wenig an Highlights gemangelt. Ja es gibt von allem etwas, aber so richtig umwerfend, markant oder einzigartig ist nichts davon. Eine spektakuläre Ausnahme bildet hier unsere Hausstrecke, die GC-200, auf der wir die schönsten Abende auf der Insel erlebt haben und mental wirklich abschalten konnten.
Für den Rest gilt: Es ist schön, aber auch nicht zum Niederknien. Tatsächlich würden wir für den nächsten Inselurlaub klar Teneriffa oder auch Mallorca vorziehen, die beide mehr Charme entfalten als das noch stärker touristich geprägte Gran Canaria. Nichtsdestoweniger - es handelt sich um eine spanische Insel im Atlantik mit permanentem Sommer. Sehr viel mehr kann man gerade im Herbst kaum verlangen und so sind auch wir dankbar dafür, dass wir auf den Kanaren nochmal gehörig Vitamin D tanken konnten. Wieder einen Urlaub auf Gran Canaria zu machen, würden wir keinesfalls ausschließen, dann aber höchstens eine Woche, vielleicht auch als Teil einer Kanaren-Rundreise.
Unterm Strich gilt: Wer sich mit dem Massentourismus anfreunden kann, für den ist die Insel jederzeit, aber besonders auch im Winterhalbjahr, eine hervorragende Option, um dem deutschen Grau mal eine Woche zu entfliehen, wenn man keine Wunder erwartet.