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"Savoir-vivre" in Südfrankreich - 5 Tage an der Côte d'Azur (Teil 2/4)

von Robert 22. Mai 2022 0 Kommentare
Bucht von Saint Raphael, Südfrankreich

Südwärts durch die Alpen - Anreise über die Schweiz

Nach ein paar unerwartet abwechslungsreichen und schönen Tagen in Serfaus-Fiss-Ladis in Österreich heißt es für uns weiterziehen. Obwohl wir die Zeit in den Bergen wirklich genossen haben, wollten wir dann doch langsam in sonnigere Gefilde vordringen. Am nächsten gelegen dafür wäre Ligurien, welches wir aber bereits 2018 auf unserem Italien-Roadtrip kennengelernt haben. Länger waren wir hingegen nicht in der wahrscheinlich schönsten Region Frankreichs - der Côte d'Azur. Seit unserem Aufenthalt in Nizza im Rahmen der #OTRARallye2016 haben wir die französische Mittelmeerküste links liegen lassen. Höchste Zeit, das zu ändern.

Cotê dAzur bei NizzaAllerdings sind es aus dem Oberinntal bis dorthin ein paar Kilometer, so dass wir uns dazu entscheiden, die Etappe mit einem Zwischenstopp zu bewältigen. Wenn man sich die Route anschaut und auf die Infrastruktur einer größeren Stadt zurückgreifen möchte, bleibt eigentlich nur Genua. So kommen wir - zumindest kurz - doch nach Ligurien. Die Karte verrät auch noch etwas anderes: Die Route dorthin führt üblicherweise durch die Schweiz. Über diverse, teils sehr pittoreske, Landstraßen mit durchgängig nettem Bergpanorama bewegen wir den 4er einmal quer durch die Eidgenossenschaft. Meine Wenigkeit aus Sicherheitsgründen auf dem Beifahrersitz :P.

BMW 440i in der Schweiz - 16by9Die Fahrt führt uns unter anderem über die "Hauptstraße 3" durch St. Moritz und entlang des Silsersees. Obwohl vieles in der Schweiz schon weniger einladend wirkt als im benachbarten Österreich, so ist die Landschaft hier doch sehr sehenswert. Steil abfallende Felswände vor dem glasklaren Bergsee taugen zweifelsfrei als Postkartenmotive. Auch die Straßen selbst sind sehr schön, wären da nicht die peinlich genau zu befolgenden Geschwindigkeitslimits ;). Ganz ohne eine Fahrt durch die Schweiz geht es aber auch so oder so nicht, denn die Anreise über das Timmelsjoch oder den Brenner ist ein erheblicher Umweg. Also lieber einen Gang runterschalten und das Bergpanorama genießen.

Absturz im Hafen - Reisetiefpunkt in Genua

Mit der Einreise nach Italien werden alte Erinnerungen wach. Die Route führt uns entlang des Lago di Como in Richtung Mailand, ganz ähnlich wie auf dem ersten OTRA-Roadtrip überhaupt - der Sommertour 2012. Leider sollte unser kurzer Aufenthalt diesmal weit weniger freudvoll werden als seinerzeit vor fast 10 Jahren. Unseren Tag in Italien könnte man im Englischen getrost als "Dumpster Fire" bezeichnen. Ein kleines Omen dafür finden wir kurz nach der Einreise beim ersten Stopp vor:

Ausgebrannter LKW-Anhänger an italenischer AutobahnGenua selbst macht leider auch keine sonderlich gute Figur. Dies beginnt bereits bei unserem Hotel - dem Holiday Inn. Dieses ist noch eines der besseren der Stadt, hat seine vier Sterne aber alles andere als verdient. Das Zimmer ist extrem abgewohnt, die Dusche schimmelt, das Personal ist unfreundlich, unwillig und unprofessionell. Auf einem Spaziergang am Abend haben wir das dringende Bedürfnis, sehr genau auf Brieftasche und Handy aufpassen zu müssen. Selbst die Pizza ist, nach italienischen Maßstäben, bestenfalls mittelmäßig.

Aber vielleicht sieht die Lage bei Tageslicht besser aus? Dass das leider nur bedingt zutrifft, stellen wir am nächsten Morgen fest. Wir wollen der Stadt noch eine Chance geben und machen vor der Weitereise einen kleinen Rundgang entlang des Hafens. Beeindruckend ist hier vor allem die Vielzahl der ankernden Kreuzfahrtschiffe, die aufgrund der Pandemie nicht betrieben werden können. Auch ein U-Boot im Galata Museo del Mare zieht unseren Blick auf sich. Es gibt also durchaus einige spannende Sachen zu sehen. Das Stadtbild insgesamt und auch der Wohlfühlfaktor lassen allerdings eher zu wünschen übrig. Das grüne Hinterland Liguriens zu bereisen, stellt sich gegenüber der Hauptstadt als deutlich lohnenswerter heraus. 2018 haben wir also - zumindest in diesem Punkt - alles richtig gemacht.

Mein persönlicher Eindruck ist allerdings auch dadurch etwas getrübt, dass ich in Genua gesundheitlich etwas zu kämpfen hatte. Nach dem Frühstück in einem kleinen Café am Hafen - das qualitativ auch durchaus solide war - haben mich ein paar Kreislaufprobleme ereilt. Flüssigkeitsmangel, Reisestress und 30° mündeten in ein paar unerfreulichen Stunden, die vor allem von Übelkeit und Schwindelgefühlen geprägt waren. Mit ausreichend Wasser, Schatten und Ruhe im Auto hat sich das zum Glück relativiert, aber dass mich Genua direkt aus den Latschen haut, hatte ich nicht erwartet ;). Dementsprechend ging es für mich auch an diesem Tag erstmal auf dem Beifahrersitz weiter.

Autobahn überhalb von Genua im BMW 440i Coupé

Neue alte Bekannte - Zwischenstopp oberhalb von Monaco

Ebenfalls als kleine Reminiszenz an den Südeuropa-Roadtrip 2012 haben wir in Roquebrune-Cap-Martin Halt gemacht. Der kleine Küstenort bietet nicht nur einen spektakulären Blick auf Monaco, er war auch Location eines unserer denkwürdigsten Hotelaufenthalte. 2012 haben wir hier im Vista Palace Hotel übernachtet - für mich der erste Besuch in einem 5-Sterne-Hotel überhaupt. Wie wir 2016 etwas traurig festgestellt haben, war das Hotel leider inzwischen geschlossen.

Nicht nur aufgrund der Nähe zu unserer Route, vor allem aufgrund der Neugier, wie es dem Hotel denn nun geht, steuern wir die kurvige Route de la Turbie an. Zu unserem Erstaunen gibt es das Vista Palace nicht nur als Hotel nicht mehr, sondern auch das Gebäude ist verschwunden. Schade, war doch die Architektur des imposanten Bauwerks, das überhängend auf der Klippe gethront hat, ziemlich einzigartig. Stattdessen befindet sich an exakt derselben Stelle nun ein Neubau - ebenfalls wieder als Hotel. Das "Maybourne Riviera" sieht wirklich sehr schick, hell, offen und luxuriös aus. Die Preise sind das allerdings auch. Selbst im kleinsten Zimmer schlägt ein Wochenende im September mal eben mit 3.000 € zu Buche ... vielleicht warten wir dann doch lieber auf ein Special ;).

Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war das Hotel noch in der Finalisierungsphase. Die Eröffnung war ungefähr für den Januar geplant, wie ein freundliches Gespräch mit einem Mitarbeiter ergab. Tatsächlich wurde der Zeitplan eingehalten und das Maybourne hat Anfang des Jahres eröffnet. Die Fachpresse äußert sich bisweilen sehr positiv über das Maybourne Riviera - und wir sind tatsächlich ein bisschen froh, dass "unser" Vista Palace einen würdigen Nachfolger gefunden hat.

Allerdings wird nicht nur oberhalb der Küste fleißig gebaut, sondern auch davor. Monaco hat als eines der kleinsten Länder der Welt natürlich chronischen Platzmangel. Aus diesem Grund versucht das Fürstentum nicht nur möglichst in die Höhe zu bauen, sondern auch dem Wasser mehr Fläche abzutrotzen. So genießen wir nicht nur den genialen Blick auf die Stadt, sondern staunen auch über die Entwicklung in den letzten neun Jahren. Was für ein netter, kleiner "Walk down memory lane" - und ein klares Zeichen dafür, dass die Welt sich weiter dreht.

Gehoben, ohne abgehoben zu sein - Stilvolle Zurückhaltung in Saint-Raphaël

Die Anreise hatte zwar sprichwörtlich ihre Höhen und Tiefen, aber wo geht es denn nun eigentlich hin? Auch das haben wir erst in Österreich tatsächlich festgelegt. Wir landen in Saint-Raphaël. Die kleine Stadt ist mit 37.000 Einwohnern etwa genau so groß wie unser Heimatort Radebeul. Sie befindet sich in sehr edler Nachbarschaft - auf etwa halbem Wege zwischen St. Tropez und Cannes, beide ca. 20 km entfernt. Dass man sich hier zwar etwas vom Glanz angenommen, dabei aber trotzdem seine Authentizität behalten hat, lässt sich besonders schön an der Strandpromenade erleben. Hier flaniert man noch eher zum Genießen anstatt um gesehen zu werden.

Doch nicht nur die große Promenade hat ihren Reiz. Der direkt nebenan gelegene Yachthafen kann sich für so eine kleine Stadt absolut sehen lassen. Das Understatement, welches den Ort umweht, ist sicher auch für Wohlbetuchte attraktiv, die Wert auf Diskretion legen. Dementsprechend kann man durchaus auch die eine oder andere außergewöhnliche Yacht spotten, die man in Monaco oder Portofino eher nicht antreffen würde. Noch diskreter geht es in einer der zahlreichen, kleinen Buchten zu, die sich im und um das Stadtgebiet herum befinden. Besonders abends, wenn man mit einer lauen Sommerbrise den Sternenhimmel genießen kann, ist die Stimmung sehr romantisch.

Ein Aufenthalt in einem mondänen Ort an der Côte d'Azur wäre natürlich nicht komplett, wenn man nicht auch die lokale Küche genießen würde. Wir machen davon rege Gebrauch und kehren ein ins Bistrot Loudet - direkt am Meer. Mit Blick auf eben jenes genießen wir nicht nur einen guten Wein, sondern vor allem die große Meeresfrüchteplatte. Dass die französische Lebensart eben doch so ihre Vorteile hat, wird kaum irgendwo deutlicher als in einem solchen Setting. Saint-Raphaël verkörpert dieses Feeling hervorragend, ohne dabei prätentiös oder überteuert zu sein. Das zeigt sich auch beim Frühstück, für das wir auf eine exquisite, aber preisgünstige Boulangerie zurückgreifen - eine fantastische Erfindung.

Rote Klippen und blaues Meer - Unterwegs im Estérel-Gebirge

Durch seine relativ ruhige, aber gleichwohl recht zentrale und gut angebundene Lage eignet sich unser Ferienort wunderbar, um das Umland zu erkunden. Wir starten einen Ausflug zum Estérel-Massiv, dessen Ausläufer quasi direkt hinter der Stadtgrenze beginnen. Rund um den "Pic de l'Ours" - einen der Gipfel des Massivs - verläuft eine anspruchsvolle Panorama-Straße. Anspruchsvoll ist sie nicht nur aufgrund der Streckenführung. Vor allem der Belag lässt stellenweise etwas zu wünschen übrig. Der 4er bewältig auch diese Aufgabe souverän, aber nicht ganz ohne etwas zu murren.

Obwohl die Schlaglöcher uns ein paar mühevolle Ausweichmanöver abverlangen, so lohnt sich der Aufwand jedoch - nicht nur fahrerisch. Die Straße führt zu einigen Aussichtspunkten mit atemberaubenden Panoramen. Besonders am offiziellen "Point de vue" hat man einen Bilderbuch-Blick über die Küste bis nach Cannes. Dabei fallen vor allem die roten Felsen auf, die nicht nur an der Côte d'Azur, sondern in Europa allgemein eher eine Seltenheit sind. Besonders in der warmen Abendsonne zeichnet der farbliche Kontrast zwischen dem braunroten Gestein und dem azurblauen Wasser ein beeindruckendes Bild.

Cote dAzur westlich von CannesDas Auto ist aber nur eine der Möglichkeiten, sich hier im "Massif de l'Estérel" zu bewegen. Auch eine Wanderung kann sich durchaus lohnen, etwa zum Pic du Cap Roux. Die Bergspitze bietet einen der schönsten Ausblicke über die Küstenlinie und wird unter Südfrankreich-Kennern als Insidertipp gehandelt. Die Wanderwege sind allerdings in Teilen nur rudimentär befestigt und daher - genau wie die Straße - einigermaßen anspruchsvoll. Zudem ist mit wilden Tieren zu rechnen, etwa Wildschweinen. Daher ist es keine Schande, sich hier auf die Erkundung mit dem PKW zu beschränken :).

Auf der dünnen Linie zwischen Glanz und Protz - Ein Nachmittag in Cannes

Ebenfalls in relativer Nähe unserer Unterkunft liegt der legendäre Küstenort Cannes. Hier versammeln sich im Sommer die Reichen und Schönen. Dies gilt besonders im Mai, wenn das jährliche Filmfestival inklusive der Verleihung der Palme d'Or stattfindet. Dann tummelt sich in Cannes nämlich nicht nur die europäische Schickeria, sondern auch Weltstars aus Hollywood. An der Cote d'Azur sind uns andere Städte schon vertraut, etwa Nizza und St. Tropez. Nach Cannes haben wir es noch nicht geschafft. Ein guter Grund, die Stadt etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu motiviert ebenfalls die malerische Küstenstraße, die wir zur Anreise nutzen.

Küstenstraße nahe Cannes, Côte dAzurOhne großen Plan wollen wir einfach nur etwas das Flair der Stadt einatmen. Dies geht an der berühmten Strandpromenade am besten. Hier reiht sich ein luxuriöser Beach Club an den nächsten. Ebenfalls nicht fehlen dürfen Fischer- und Yachthafen inklusive der dazugehörigen Clubs. An der Straße selbst bestimmen Immobilienmakler, Juweliere und Edelboutiquen das Bild, immer mal unterbrochen von Luxushotels und teuren Restaurants. Sowohl zu Fuß als auch im Auto findet hier ein regelrechter Schaulauf statt. Man kann klar zwischen denen unterscheiden, die sehen wollen, und denen, die lieber gesehen werden wollen. Deutlich wird dies z. B. am Hotel Martinez, wo der Valet sich entscheiden muss, ob er den Lambo, den Bentley oder den Rolls-Royce in die erste Reihe stellt. Der arme Mann =).

Ebenfalls sehr prägend für das Stadtbild ist das ikonische Hotel Carlton. Der traditionsreiche Luxustempel ist als eines der besten Hotels der Region bekannt. Darüber hinaus hat er auch bei diversen Gelegenheiten Einzug in die Popkultur gehalten - z. B. im Musikvideo von Elton Johns "I'm still standing". Sehr schade, dass es zur Zeit unseres Besuchs wortwörtlich nur Fassade ist. Der Komplex wird derzeit grundsaniert und war im September komplett entkernt. Die Eröffnung ist für Frühling 2023 geplant - bis dahin glänzt es primär als Kulisse. Trotzdem in Cannes die Grenze zum Protz bei zahlreichen Gelegenheiten und oft sehr bewusst überschritten wird, tut dies dem edlen Flair keinen Abbruch. Diesen allgegenwärtigen, mondänen Luxus zu erleben, ist die Anreise durchaus wert - besonders wenn sie, wie in unserem Fall, nur 20 km in Anspruch nimmt.

Frankreich von seiner besten Seite - Das Fazit

Dass es an der Côte d'Azur schön sein würde, war uns im Vorfeld bereits klar. Schließlich spielt die französische Mittelmeerküste seit unserer ersten großen Reise immer wieder eine Rolle auf unseren Trips - und das völlig zurecht. Die entspannte Atmosphäre, die traumhaften Landschaften an Küstenlinie und im Hinterland sowie eine Küche von Weltrang locken uns immer wieder an. Auch dieser Aufenthalt hat uns mit Sicherheit nicht enttäuscht. Nach der unerwartet actionreichen Zeit in Österreich konnten wir hier mal schön alle Fünfe gerade sein und den Dingen ihren Laufen lassen. "Laissez-faire", wie die Franzosen es nennen.

Strandpromenade in St. Raphael, FrankreichAuch der Aufenthaltsort war dabei prima gewählt. Saint-Raphaël ist groß genug, um alle benötigte Infrastruktur zu bieten (Tankstellen, Supermärkte, Restaurants, Unterkünfte), aber nicht so groß, dass es ungemütlich oder unpersönlich wäre. Im Gegenteil, die gediegene Atmosphäre hat fast schon etwas Familiäres. Zudem ist die Lage zwischen St. Tropez und Cannes, am Fuße des Estérel-Massivs hervorragend für Ausflüge ins Umland geeignet - das nicht minder schön ist. Das notwendige Budget für Kost und Logis hält sich dabei, gemessen an anderen Orten in der Gegend, in Grenzen.

Wer  seine Erholung bevorzugt in einem klassisch-mediterranen Setting sucht, der wird sich hier absolut wohl fühlen. Aber auch für alle anderen bietet die Region so einiges. Baden, wandern, die Landschaft genießen und ein schöner Cruise die kurvige Küstenstraße entlang - all dem steht nicht nur nichts im Weg, sondern man wird an jeder Ecke regelrecht dazu eingeladen. Obwohl die Anreise mit einigen Hindernissen verbunden war, haben wir es absolut genossen, unseren zweiten Stopp an die Côte d'Azur gelegt zu haben. Der Besuch ist unbedingt empfehlenswert und auch wir kommen mit Vergnügen wieder!

Mittelmeerküste östlich von MonacoWeiter geht es für uns nächste Woche - so viel sei schon immer verraten - Richtung Westen. Wohin genau? Stay tuned! ;).

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