Im Dezember 2014 erschien die zweite Generation des BMW X6, dem von BMW getauften "Sports Activity Coupé", welcher mittlerweile ein eigenes Marktsegment geschaffen hat. Unmittelbar zur Markteinführung wurde ebenso die von der M GmbH unterstützte Version des X6, der BMW X6 M50d, angeboten. Daimler hat vor Kurzem den Konkurrenten, das GLE Coupé, vorgestellt. Einen Erfahrungsbericht zum GLE 63 S Coupé gibt es von uns hier. Auch Volkswagen plant ein SUV-Crossover - das Tiguan Coupé R, welcher gerade für 2018 angekündigt wurde. Genug Gründe für uns, dieses Segment näher zu betrachten!
Begutachtet man den BMW X6 M50d in Ruhe von außen, fallen besonders die silbernen Außenspiegel und die gewaltigen Endrohre, welche vom 50i geliehen wurden, als Alleinstellungsmerkmale auf. Er wirkt zwangsläufig aggressiver, ist aber auch optisch viel näher an den normalen BMW X6 (mit M-Paket) angelehnt als an den großen Bruder X6 M.
Unter der Haube ein ähnliches Spiel. Es werkelt der 3,0 Liter Reihensechszylinder aus der Serie. Der Abstand zum X6 M kann also auch in diesem Punkt problemlos gehalten werden. Verbaut wird die M-Performance Variante (intern N57S). Aufgepumpt von der M-GmbH leistet der Tri-Turbo 280 kW/381 PS und erreicht ein maximales Drehmoment von 740 Nm.
Der N57S ist damit das stärkste von BMW verbaute Dieseltriebwerk. Erreicht wird dies durch eine in jedem Bereich stärkere Aufladung des Motors. Zwei kleinere, spontanere Lader mit geringem Trägheitsmoment und ein großer Lader für das Erreichen des hohen Ladedrucks arbeiten zusammen und beschleunigen den BMW X6 M50d in 5,2 Sekunden auf Landstraßentempo.
Quelle: BMW Pressemappe zum aktuellen BMW X6 (F16) aus 06/2014, Seite 37
Ein kleiner Lader spricht bereits knapp über Leerlaufdrehzahl spontan an, bis der große Lader ab etwa 2000 U/min hinzustößt. Mit dem Einsetzen des großen Laders wird das maximale Drehmoment von 740 Nm erreicht. Im oberen Drehzahlbereich setzt ein weiterer kleiner Lader ein, der gerade bei Sprints ebenso spontan aushelfen können soll. Mit der Hilfe aller drei Lader wird bei 4400 U/min die maximale Leistung von 280 kW/381 PS erreicht - für einen Dieselmotor eine sehr hohe Drehzahl. Typisch für stark aufgeladene Triebwerke fallen Drehmoment und Leistung danach sehr stark ab. Jeder Lader deckt ein spezifisches Drehzahlspektrum ab - von einem Turboloch fehlt jede Spur.
Das Konzept der drei Schaufelräder ist ein Kompromiss aus Leistung und Verbrauch. Angegeben wird der BMW X6 M50d mit sagenhaften 6,6 l/100km im Drittelmix. Ein Wert, von welchem wir zu jeder Zeit weit entfernt waren. In unserem Test über knapp 5000 km pendelte sich der Durchschnittsverbrauch zwischen 9,5 - 10,6 l/100km ein. Diesel! Im selben Fahrprofil haben wir davor eine Mercedes-Benz S500 4MATIC mit 11,3 l/100km Super bewegt. Das ist sicher nicht vergleichbar, soll aber aufzeigen, wie absurd weit der Verbrauchswert des X6 M50d abweicht, wenn man die Turbolader in der Praxis nutzt, die den Verbrauch eigentlich durch gesteigerte Effizienz reduzieren sollen! Schnelle Etappen auf freigegebener Autobahn erzeugen schnell einen Durchschnittsverbrauch von knapp unter 20 l/100km - kein Wunder, da für das Erreichen der maximalen Leistung alle drei Turbos arbeiten müssen.
So groß scheint der "Kompromiss aus Leistung und Verbrauch" hinsichtlich des Verbrauchs auf schnellen Autobahnetappen eben doch nicht zu sein. Aber wofür kauft man einen leistungsstarken Diesel denn - wenn nicht dafür?
Nicht gegeizt hat BMW beim Tankvolumen. Verbaut ist ein 85 Liter Tank, der selbst bei hohem Verbrauch eine akzeptable Reichweite garantiert.
In dynamischer Hinsicht haben die Ingenieure der M GmbH ordentlich geschraubt. Der BMW X6 M50d wurde M spezifisch abgestimmt, um bei sportlicher Fahrweise hinterachsbetont zu wirken. Das Antriebsmoment wird selbst im stabilen Fahrzustand zum Großteil nach hinten geleitet, um Untersteuern zu vermeiden und die Wendigkeit zu fördern. Mit viel Gewalt sind in langgezogenen Kurven auch verhältnismäßig hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich. Werden die Radien allerdings kleiner, wirkt der BMW X6 M50d nur noch schwer, träge und behäbig. Daran können auch Torque Vectoring und die aktive Wankstabilisierung nichts ändern. Er kann sein Gewicht und den bauartbedingten Schwerpunkt allenfalls ansatzweise kaschieren. Zu einem gewissen Teil liegt das sicher auch am Ansprechverhalten. Sinkt der Ladedruck ab - gerade in engen Kurven, die stark angebremst werden müssen, oder in Lauerhaltung für ein Überholmanöver auf der Landstraße - dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis der große Niederdrucklader tatsächlich anspricht. So spontan die beiden kleinen Lader einsetzen, so stark verzögert kommt der Hauptlader ins Spiel und vernichtet den angenehmen Effekt der Spontanität nahezu gänzlich.
Wie im aktuellen 7er ist der X6 M50d an der Hinterachse luftgefedert, was den Komfort langstreckentauglich erscheinen mag. Tatsächlich fühlt sich der X6 M50d nach "einer Klasse weniger" an und man steigt nach langen Etappen leicht gestresst, genervt und etwas erschöpft aus - wie es in einem 7er nicht der Fall wäre. Ebenso liegt der Geräuschpegel ab 160 km/h, wenn der Windwiderstand so richtig einsetzt, zu hoch.
Im "Gelände" haben wir den X6 M50d nicht wirklich testen können. Die Bodenfreiheit zu gering und auch nicht änderbar, gelangt man, wie hier im Bild gezeigt, bereits durch eine etwa 10 cm tiefe Fahrrille mit etwas Gefälle schnell an die Grenze des Umsetzbaren. Keine Daumenbreite Luft! Von einer Getriebeuntersetzung oder (mechanischen) Sperren ist man weit entfernt.
Trotzdem ist der BMW X6 gerade in dieser Motorisierung weder Fisch noch Fleisch. In der Endkonsequenz ist er nicht sparsam, nicht schnell, nicht so richtig komfortabel, nicht so wirklich dynamisch und erst recht nicht geländegängig. Und ein "M"? Gewiss nicht.
Mit Sicherheit steht fest: Der BMW X6 M50d gibt die Antwort auf eine Frage, die nie wirklich gestellt wurde.