Im letzten Artikel sind wir tiefer in die Materie eingestiegen und haben Verkehr, Stadt und Leute kennengelernt. Heute geht es um die Kultur und ihre feinen Details, die entscheidend dazu beitragen, Lissabon als Stadt derartig vielschichtig und liebenswert werden zu lassen.
Heimliche Künstlerhauptstadt - Streetart
Wer offenen Auges durch die Stadt geht entdeckt allerorts kleine und große Kunstwerke. Neben den kunstvoll gestalteten Kachelfassaden, der Architektur und den historischen Bauten prägen auch moderne Kunstformen das Stadtbild. Allen voran eine - Graffiti.
Diese sind überall zu finden - in den gesamten äußeren Innenstadtbezirken und teilweise auch in der historischen Altstadt. An buchstäblich jeder Straßenecke sieht man die überwiegend sehr liebevoll und professionell gefertigten Kunstwerke.
Die Stadt ist wegen ihrer überwiegend jungen Bevölkerungsstruktur auch ihrer liberalen Einstellung nicht zuletzt Projektionsfläche für neue und aufstrebende Künstler. Aber auch bekannte und berüchtigte Streetartists wie der Brite Banksy haben ihre Spuren hinterlassen.
Bemerkenswert ist außerdem, dass die Stadt sogar mit Wettbewerben und öffentlichen Ausstellungsflächen die Graffitis fördert. So gibt es an prominenter Stelle - direkt am Elevador da Gloria - eine Streetart Gallery mit Bildern und Gedichten.
Wer sich für die Sprühkunst interessiert sollte also früher oder später den Südwesten aufsuchen - und dringend eine angemessene Kamera dabei haben, sonst könnten dem Streetart Liebhaber einige Perlen durch die Lappen gehen.
Neben den bunten Wandverzierungen fällt noch eine andere Kunstform ständig ins Auge. Insbesondere auf den historischen Straßen wie der Rua Augusta und den großen Plätzen wie dem Comercio gibt es Streetperformer diversester Coleur.
Trommler, Tänzer, und Musiker sind vertreten und sorgen für ein buntes Unterhaltungsprogramm und eine ausgelassene Stimmung. Selbst bei mäßigem Wetter treten ganze Bigbands an der nächsten Straßenecke auf.
Aber auch andere Performer versuchen - mit gemischtem Einfallsreichtum und Unterhaltungswert - die Gunst der Zuschauer zu gewinnen, die meisten allerdings auf für südliche Länder durchaus bekannte Weise.
Kultur im Überfluss - Attraktionen
Lissabon ist nicht nur an sich eine Sehenswürdigkeit. Die Stadt glänzt auch mit einer Vielzahl von Museen, Theatern und Veranstaltungen. Wir wollen die Kultur natürlich nicht zu kurz kommen lassen und haben uns exemplarisch das Oceanario herausgesucht.
Da wir uns am Meer befinden und uns mit Fisch nicht ausschließlich auf dem Teller beschäftigen wollen ... und zugegeben auch wegen des schlechten Wetters 😉 war das eine gute Wahl. Das Aquarium im "Park der Nationen", welcher anlässlich der Expo 1998 errichtet wurde, ist das größte in Europa.
Die permanente Ausstellung befindet sich im Hauptgebäude - und das ist ein architektonischer Kunstgriff. Die vier zylinderähnlichen Ecken des Gebäudes beherbergen jeweils eine "Klimazone", von der Arktis bis zum indischen Ozean - mit entsprechenden Tieren und Vegetation - wow. Schon der Eingang ist beeindruckend.
Die eigentliche Attraktion jedoch ist das sich über zwei Stockwerke erstreckende Hauptaquarium. Durch die riesigen, gewölbten Scheiben kann man etliche Meeresbewohner dabei beobachten, denen man in freier Wildbahn wohl lieber nicht begegnet :).
In den "Ecken" dominieren hingegen eher die exotischen Meeresbewohner. Von Pinguinen über Seeotter bis hin zu Zierfischen ist hier alles dabei. Viele kommen auch sehr Fotogen daher, wie hier dieser Löwenfisch:
Das Oceanario lädt also zum Entdecken und lernen ein. Wir können einen Besuch - nicht nur an regnerischen Tagen - definitiv Empfehlen, auch wenn einen Meereskunde nur am Rand interessiert. Man wird gleichermaßen unterhalten und informiert - super!
Und das leibliche Wohl? - Die Esskultur
Die Nähe zum Meer ist nicht nur kulturell, klimatisch und logistisch angenehm sondern selbstverständlich auch kulinarisch. Mit dem Atlantik vor der Haustür ist Fisch natürlich nicht nur ein Fall fürs Museum sondern auch für den Teller 😀 - wie hier die hervorragende Atlantikdorade im Restaurante Cervejaria.
Selbst in Restaurants mittlerer Preisklasse ist fangfrischer Fisch selbstverständlich. Man überbietet sich quasi in der Frische. Die Hummer werden teilweise sogar direkt vom Meer ins Aquarium und von da auf den Teller befördert - traurig für den Hummer, aber kulinarisch kaum zu überbieten.
Empfehlenswert ist in Portugal eigentlich alles was aus dem Meer kommt. Oder fast alles. Eine landestypische Spezialität ist der Bacalhau - getrockneter und gesalzener Fisch, in der Regel Dorsch. Mein Fall ist es nicht, ich ziehe ein leckeres Lachsfilet vor.
Dennoch: ich habe noch nie irgendwo besseren Fisch gegessen als in Lissabon - und günstig ist er außerdem. Wir haben zu zweit in einem ordentlichen Restaurant für ein Abendessen inkl. Wein und teilweise Nachspeisen nie viel über 40€ bezahlt - für Freunde von Meeresfrüchten ein Traum. Aber auch die Süßmäuler kommen voll auf ihre Kosten!
Das Zauberwort heißt "Pasteleria". Von diesen kleinen, aber sehr feinen Konditoreien gibt es in Lissabon hunderte und genauso viele, überwiegend süße, Leckereien. Typisch für das Gebäck sind allerdings die Verwendung von Mandeln und Zimt.
Die beliebteste Süßigkeit ist oftmals das "Pastel de Nata" - ein Blätterteigküchlein gefüllt mit einer pudding-ähnlichen Vanillecreme/Mandel-Füllung und üblicherweise gegessen mit Zucker und Zimt. Ebenfalls hoch im Kurs sind Cupcakes in allen Variationen, Krapfen, Baissiers und vieles andere mehr. Lissabon ist ein Paradies für jeden der süßes Gebäck mag!
Außerdem hat man in Lissabon einen Faible für getrocknete Früchte in allen Formen und Farben. Datteln, Feigen und vieles mehr bekommt man in ebenfalls sehr liebevoll eingerichteten kleinen Läden - wenn man den mag.
Fisch, Gebäck und Trockenfrüchte - da is(s)t man in Lissabon Weltspitze. Bei Schinken, Wurst, Käse usw. ist man in Spanien oder Frankreich allerdings deutlich besser aufgehoben. Ebenfalls durchwachsen, aber noch im Rahmen, ist die Biersituation.
Natürlich hat es keinen deutschen Standard, dennoch kann man getrost vor allem "Super Bock" empfehlen (welches allerdings mit Bockbier nichts gemein und nur 4,8% Alkohol hat). Weniger appetitlich ist Sagres Preta, mit Reis und Mais ... nun ja.
Typisch sind auch die großen Rauchschwaden, die man im Zentrum meist schon aus der Ferne immer wieder mal erkennt. Diese gehören meist zu mobilen Röstöfen für Esskastanien - welche für Rund 2 € im Dutzend warm und leicht gesalzen verkauft werden.
Stadt der Vielfalt - Das Fazit
Was für eine Stadt! Die Eindrücke könnten kaum facettenreicher sein. An quasi jeder Ecke sieht es anders aus und riecht neu. Man trifft Leute aus aller Herren Länder und vor allem die sehr freundlichen Portugiesen. Die junge Bevölkerung und die dynamische Atmosphäre vor der jahrhundertealten Kulisse lassen den Besuch zu einem einzigartigen Erlebnis werden.
Man ist gut damit beraten bei vollmundigem Wein und erstklassigem Fisch die kleine Metropole im äußersten Südwesten Europas auf sich wirken zu lassen. Durch das moderate Kostenniveau bei gleichzeitigem relativ hohem Lebensstandard machen den Kurzurlaub in Portugal zum Preis/Leistungssieger unserer Trips 2014.
Wir können eine Reise nach Lissabon folglich uneingeschränkt empfehlen - guten Flug 🙂 !