So schnell wie sie ran war, war sie auch schon wieder vorbei, die Easter Rallye 2015. Mein Ultra-Teamkollege William und ich fanden uns also nach dem plötzlichen Abfall der Anspannung mehr oder weniger unverhofft mit einem schönen Auto und ein paar Tagen Freizeit in Süditalien wieder. Na wenn das keine Steilvorlage war, um diesen, uns unbekannten, Teil der Stiefelrepublik zu erkunden und sich gleichzeitig von den doch recht fordernden Strapazen der vorangegangenen Tage zu erholen :).
Monopoli - Fischerperle an der Adria
Für die eigentliche Schönheit unseres Zielortes hatten wir am Vorabend, zum Endspurt der finalen Rallye-Etappe, natürlich keine Augen. Es ging nur darum, möglichst schnell den Leuchtturm zu erreichen und dann einen Wein und leckeres Essen zu organisieren. So reifte in unserem Hotelzimmer im (überaus wenig sehenswerten) Bari der Entschluss, sich das Hafenstädtchen nochmal in aller Ruhe und bei Tageslicht anzusehen.
Der Ort entspricht ziemlich genau dem, was man sich so unter einer süditalenischen Kleinstadt vorstellt: große Plätze, enge Gassen und niedliche Parks – das ganze Gegenteil vom hässlichen, grau-verbauten Bari. Hauptattraktion ist und bleibt aber natürlich der beschauliche, kleine Fischerhafen, mit seinem Wahrzeichen – dem Rot-Weißen Leuchtturm, der auch den Zielpunkt der Rallye darstellte.
Hier liegt quasi vom kleinen Holzboot über größere Fischkutter bis hin zur mittelgroßen Yacht alles, was man so auf dem Meer bewegen kann. Optisch eingebettet in die alten Festungsanlagen sowie die mittelalterlichen Hafenbauten bekommt der Ort sein ganz eigenes Flair.
Abgerundet wird der Eindruck von der schroffen Steinküste, an der die Adria auf Italien trifft. Die grauen Wolken an diesem Sonntag haben die raue Landschaft hervorragend in Szene gesetzt. Gicht und Wellen taten ihr Übriges. Für uns zwei Hobbyfotografen natürlich ein gefundenes Fressen :D.
Bevor es für uns wieder nach Norden ging, war noch eine kleine Stärkung angesagt. Da wir auf das erfahrungsgemäß bestenfalls fragwürdige Hilton-Frühstück verzichtet haben, musste noch was Gutes zu essen her. In Italien stellt das normalerweise eine eher leichte Übung dar, da es bei den Südländern für gewöhnlich schwerer ist, etwas Schlechtes zu finden. Irgendwo in der Hafengegend wird es doch wohl was geben ...
Allerdings war Ostersonntag – in dieser doch recht katholischen Gegend ein gewichtiger Feiertag – und fast alle Restaurants hatten leider geschlossen. Nach unserer Fotosession war der Tag bereits fortgeschritten und so haben wir nicht lange experimentiert und an die guten Erfahrungen des Vorabends angeknüpft. Im Restaurant Trattoria da zi Ottavio wurden wir sogleich wiedererkannt und herzlich begrüßt. Zwar stand auch hier nur die reduzierte Feiertagskarte zur Verfügung, aber wir wurden uns relativ schnell einig und entschieden uns für ganz hervorragendes Black Angus Beef!
Nun sollte es also, gut gestärkt, wieder zurück nach Norden gehen, aber gaaanz langsam. Mit einem groben Blick auf die Karte sind uns die kurvigen Straßen am Stiefelknöchel aufgefallen und so beschlossen wir noch ein wenig in Apulien zu bleiben. Konkret angesteuert haben wir einen kleinen Küstenort namens Vieste.
Vieste - Hoch auf der Küste, über dem Meer
Am Ostersonntagsnachmittag haben wir uns also dorthin aufgemacht, leider aufgrund der späten Stunde weitestgehend im Dunkeln. Das hat uns aber nicht davon abgehalten, auf der kurvigen Piste dem kleinen Diesel mal ein wenig die Spuren zu geben :D. Beim Ankommen konnten wir schonmal die Besonderheit Viestes bestaunen - die charakteristischen Steilküsten aus Kreidefelsen, nachst sogar beleuchtet.
Eingecheckt haben wir im recht schlichten aber dafür liebevoll betreuten und mit 60€ / Nacht / DZ recht günstigen "Bikini Hotel". Unser gelber Reisebegleiter Spongebob hat sich direkt ein bisschen wie zuhause gefühlt.
Auf der Suche nach einem Abendmahl führte uns unser Weg in den sehr gemütlichen Pelikano Beach Club mit Restaurant, die Straße runter. Auch hier war die Pizza wieder hervorragend. In Italien schlechtes Essen zu finden ist fast schon eine Kunst! Leider hat uns das extrem miese Wetter in Form von Platzregen und starkem Wind unseren Plan zunichte gemacht, das schöne Küstenpanorama bei Nacht fotografisch noch ein weniger besser einzufangen. Sei's drum, so bleibt mehr Zeit das leckere Abendbrot zu genießen :).
Das Problem hatte sich zum Glück am nächsten morgen nicht nur geklärt - sondern sogar ins Gegenteil gekehrt. Auf dem Balkon begrüßt uns strahlender Sonnenschein, die mediterrane Seeluft und der Blick auf's Meer. Bei dem Licht mussten wir nicht lange überlegen. Mit einsatzbereiten Spiegelreflexkameras ging es für uns 50m weiter - an den Strand!
Badewetter war zwar Anfang April trotz des blauen Himmels nicht, aber die Sonne setzt der Kern von Vieste, hoch oben gelegen auf der Steilküste, mit warmen Licht in Szene. Es ergibt sich ein äußerst dankbares Fotomotiv, dass jeder Postkarte zur Ehre gereichen würde.
Doch nicht nur die Gegend, auch Strände an sich bieten natürlich immer viele, große und kleine, Motive, die es sich zu knippsen lohnt. Trotz der steifen Briese kann man sich hier mit einer Kamera spielend die Zeit vertreiben. Allerdings ist beim Zeitvertreib Vorsicht geboten. Hier wird man dazu angemahnt sich zu keiner Zeit mehr als 30m der rissigen Klippe zu nähern - auf einem Schild, dass sich nur direkt an eben dieser lesen lässt :D.
Damit endet unser kurzer Aufenthalt in der kleinen Küstenperle Vieste. In dem mondänen, abgelegenen Städchen lässt sich abseits jeglicher Hektik entspannen. Der Ort ist bestens geeignet für Badegäste, Windsurfer oder auch Individualtouristen wie uns, die ein bisschen abschalten wollen.
Die Adriaküste - Raue Schönheit und traumhafte Straßen
Wir setzen unsere Reise Richtung Norden fort und verlassen dabei kurz nach Vieste auch Apulien. Immer möglichst nah an der Küste entlang ziehen sich die Reifen unseres Audis durch die sonnengewärmten Kurven. Gibt es etwas Schöneres? Der einzige Nachteil bestand darin dass der Fahrer das Panorama kaum genießen konnte ohne aus der Kurve zu fliegen :D.
Die Adria ist eher rau in diesem Teil Italiens. An den überwiegend steinigen Stränden weht in der Regel ein starker Wind. Die Hänge sind meist steil und hügelig, die Wellen hoch. Die schroffe Schönheit dieser Region lässt sich hier, am nördlichen Rand Appuliens, besonders authentisch erleben.
Unterbrochen werden die Land- und Küstenstraßen von verschlafenen kleinen Nestern, die sich entlang der Küste aufreihen. Hier, am "Stiefelknöchel", fernab von der nächsten größeren Stadt, bestimmen Dörfer und Kleinstädte im Stil von Vieste das Bild, so zum Beispiel auch Peschici oder Rodi.
Aufgrund der Vorsaison im April ist sicher alles noch eine Spur verschlafener als ohnehin schon. Das hält aber die einheimischen Gastronomen nicht davon ab einen leckeren Kaffee oder einen Eisbecher zu kredenzen. Darüber hinaus bietet sich bei jedem Stop eine atemberaubende Kulisse für unseren vierrädrigen Reisebegleiter und so nötigen uns die Umstände doch den einen oder anderen Halt ab.
Wir verlassen den Knöchel und arbeiten uns ab jetzt wieder auf der Autostrada A14 Richtung Norden. Quasi im Vorbeiflug beobachten wir, wie die Landschaft sich verändert. Sie wird zunehmend weniger schroff und wieder mehr durch sanfte Hügel charakterisiert, genau wie in unserer Zielregion, deren Schönheit wir leider einige Tage zuvor auf Etappe 1 nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenken konnten.
Die Toskana - Hügel, Kurven und malerisches Licht
Unsere Rückkehr in die Toskana gestalten wir unserem Fahrzeug entsprechend. Wir entscheiden uns (auch aufgrund von Staus) die Autostrada A14 bei Forli zu verlassen und auf die Strada Statale SS67 in Richtung Florenz einzuschlagen. Grandiose Entscheidung. Die Strecke quer durch die Berge und den Casentinesi Nationalpark erstreckt sich über 110km von denen gefühlt so gut wie ALLE aus Serpentinen bestehen. Wir haben selbst in den Alpen kaum eine Straße mit so vielen, geilen Kurven am Stück gefunden. Allerdings sollte zumindest der Beifahrer für das dauerhafte Schleuderprogramm einen soliden Magen mitbringen :D.
Anlaufpunkt ist zunächst wieder die toskanische Hauptstadt Florenz. Unterkunft finden wir abermals im Hilton. Diesmal jedoch nicht im eher mäßigen Metropole sondern im deutlich überzeugenderen Garden Inn in Novoli. Das Hotel besticht mit geräumigen, modern eingerichteten Zimmern und freundlichem Personal. Außerdem bietet es, für Italien nicht selbstverständlich, genügend 230V-Steckdosen um unser Equipment mal wieder vernünftig durchzuladen.
Nach der doch recht langen Etappe von etwa 700km haben wir aber am meisten von den zwei QueenSize Betten profitiert und ganz hervorragend geschlafen. Doch was war das? Waren wir über Nacht in die Zukunft gereist? Der direkte Blick aus unserem Fenster offenbarte hinter dem liebevoll angelegten Parco San Donato ein Gebäude, das architektonisch auch locker das Hauptquartier der Sternenflotte hätte sein können.
In der Tat handelt es sich aber um den Florentiner Justizpalast, der mit möglichst viel Glas natürlich die Transparenz der italenischen Justiz symbolisieren soll :D. Wir nutzen unterdess das traumhafte Wetter um ein anderes Wunderwerk der modernen Baukunst in passender Umgebung und vor allem bei Tageslicht etwas besser kennenzulernen.
Auf den verspielten, sonnenwarmen Landstraßen der Toskana werfen wir die GoPros an und treiben den TT um die Kurven - so der Plan :). Aber damit wir den schwarzen Renner auch angemessen in Szene setzen können, muss er zunächst von den Strapazen der Rallye befreit werden. An der nächsten Tanke kümmerten sich auch flux drei sehr engagierte Italener um dieses Problem!
Danke an die Jungs, die sichtbar Freude hatten mit dieser deutschen Schönheit auf Tuchfühlung zu gehen. Für uns ging es dann ins Florenzer Umland, auf Location Scouting für ein paar schöne Videoszenen bzw. Fotospots. Selbstverständlich mussten wir nicht lange suchen :).
Auch die Fahrfreude kam natürlich nicht zu kurz. Unsere ausführlichen Eindrücke vom TT liefern wir im Anschluss an das Rallyevideo, auf das wir uns vorerst konzentrieren, nach. Für uns und den kleinen Flitzer war es ein unvergesslicher Tag in einer der schönsten Gegenden der Welt. Für einen würdigen Abschluss halten wir Drei inne und genießen gemeinsam den toskanischen Sonnenuntergang.
Florenz - Beeindruckende Motive und Dolce Vita
Auch nach Einbruch der Nacht bietet die Region natürlich einzigartige Eindrücke mitzunehmen. Bewaffnet mit Stativen und Kameras machen wir uns auf den Weg in die Altstadt von Firenze und gönnen uns zunächst eine Stärkung in dieser, für italenische Verhältnisse, doch recht kalten Aprilnacht.
Doch das Frieren lohnt sich, denn Florenz bietet, besonders bei Nacht, exzellente Bedingungen für Fotografen. Nicht nur sind die historischen Gebäude mit Scheinwerfern sehr schön in Szene gesetzt. Das ruhige Flair bei Nacht ist der geschichtsträchtigen Altstadt auch eher angemessen als die Touristenmassen bei Tag.
Nicht nur die Kathedrale Santa Maria del Fiore, die ja auch der Zielpunkt der ersten Rallyeetappe war, wirkt im Dunklen und ohne hektisches Treiben nochmal ehrfurchteinflößender. Buchstäblich an jeder Ecke gibt es Historisches zu bestaunen und festzuhalten, wie hier am Piazza della Signoria.
Neben Jahrhunderte alten Gebäuden und Kunstwerken gibt es auch diverse kleine Streetartperlen und architektonische Kuriositäten zu bewundern. Auf jeden Fall sollte man hier die Augen offen und den Finger auf dem Auslöser halten.
Der eigentliche Star jedoch bleibt die Lichtstimmung nachts in Florenz. Die Stadt versteht es, sich und ihre Schätze meisterhaft zu inszenieren. Dazu kommt die Ruhe, die am späten Abend hier herrscht. Sie ist für eine Großstadt beeindruckend und ein wenig beängstigend gleichermaßen. Wir können nur empfehlen, die Stadt auch einmal nach Einbruch der Dunkelheit zu erkunden - es ist ein Erlebnis für sich. Mit diesen erstaunlichen Eindrücken verlassen wir die Innenstadt und begeben uns in unsere bequemen Betten.
Für uns endet nach dieser zwar kurzen aber dafür zumindest künstlerisch mehr als lohnenswerten Nacht in einer der schönsten Städte Europas auch langsam unser Italienaufenthalt. Am nächsten morgen bereiten wir uns auf die Heimreise vor - zufrieden mit unserer Hotelwahl checken wir zunächst aus dem Hilton Garden Inn aus.
Doch wir verlassen das Land natürlich nicht ohne für die Lieben zuhause noch einige Souvenirs (die über den Challenge-Wein hinausgehen :D) zu besorgen und was würde da in der Toskana besser passen, als einige italenische Köstlichkeiten? Folglich haben wir den nächstbesten Supermarkt aufgesucht und waren direkt verblüfft.
Der Markt, Unicoop Firenze, ist augenscheinlich ein normaler, italenischer Supermarkt. In Deutschland würde er locker als Feinkostladen durchgehen. Unmengen von frischen Obst, Käse, Gemüse, Wein, Fleisch und Wurstwaren und alles was man sonst noch so in Italien essen können wöllte, findet sich hier in höchster Qualität und breitester Auswahl. Das alles modern eingerichtet, geräumig und ansprechend präsentiert - wow.
Dazu kommen die, für die gebotene Produktqualität, recht moderaten Preise. Die Südländer legen eben doch mehr Wert auf gutes Essen, als es in Deutschland der Fall ist. Folglich decken wir uns mit einigermaßem halbwegs haltbaren Delikatessen ein, stopfen damit die letzten Ecken unseres ohnehin schon übervollen Kofferraums und reisen, etwas wehmütig, aus Florenz ab.
Ein Fazit - Viva Italia!
Nach der spaßigen aber doch natürlich auch sehr anstrengenden Easter Rallye 2015 kamen uns die paar freien Tage in Italien gerade recht. Mit unserer grandiosen Sommertour 2012 im Hinterkopf, die sich in Teilen ja auch in Italien abgespielt hat, haben wir die Chance genutzt um uns mit Bekanntem, wie Florenz, besser vertraut zu machen und gleichzeitig Neues, wie Monopoli und Apulien kennenzulernen.
Italien hat viele schöne Ecken und nicht nur die allseits als hübsch bekannte Toskana ist einen Blick wert - auch der Süden lädt mit seinem rauen Charme auf einen Besuch ein. Wir haben die vielen Aspekte unserer kleinen Tour sehr genossen - sei es das sonnige Wetter, die einzigartige Landschaft oder das deliziöse Essen. Von so mancher genialer Landstraße mal ganz zu schweigen :D.
Für uns ist Italien absolut jede Reise wert - unabhängig von der Ecke. Jeder, der ein wenig abseits der großen Städte wie Rom oder Neapel auf Erkundungstour geht, wird mit Gastfreundschaft, Authentizität und herzerwärmenden Momenten belohnt werden. Ob Kurztrip oder Jahresurlaub, im Stiefelland ist für jeden etwas dabei!
Mit einem lachenenden und einem weinenden Auge geht es für uns über den Brenner und Bayern wieder zurück ins heimische Sachsen. Aber heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage - viva Italia!