In den deutschen Großstädten sind wir relativ häufig. Sei es zu lustigen Wochenenden in Berlin oder München, oder logistisch auch in Frankfurt. Eher selten verschlägt es uns in den Norden. Eigentlich ungerecht, denn hier liegt die Perle Hamburg an der Elbe und wartet darauf, genauer erkundet zu werden. Beste Voraussetzungen für einen verlängertes Wochende. Im Frühjahr haben wir uns in der Hansestadt umgesehen.
Das höchste Haus am Platz - Hotel Süllberg in Blankenese
Zunächst brauchten wir natürlich eine Unterkunft. Damit die Entspannung nicht zu kurz kommt, sollte es etwas Gediegenes sein, abseits der Großstadthektik. Wir entschieden uns für das Hotel Süllberg in Blankenese. Das traditionelle 5-Sterne-Haus befindet sich in einem schlossähnlichen Anwesen auf dem höchsten Hügel in Blankenese, direkt über der Elbe.
Der Vorab-Service klappte hervorragend, die Performance vor Ort war jedoch durchwachsen. Es begann damit, dass unser Zimmer kaum größer als das Bett war und damit für diese Hotelkategorie durchaus "leicht" unterdimensioniert. Selbiges gilt für das Bad und die Möbel.
Der Service war auf der einen Seite sehr gut, insbesondere am Frontdesk. Auch komplizierte Besorgungen wurden fehlerfrei und anstandlos erledigt, dafür wurde jedoch einmal der Roomservice vergessen. Positiv hingegen ist das Begrüßungsgeschenk in Form von Pralinen und Obst aufgefallen, welches auch wieder aufgefüllt wurde - lecker :).
Auch wenn das Süllberg für ein Luxushotel einen etwas durchwachsenen Gesamteindruck hinterlässt (Details auf Tripadvisor), war es doch eine gute Grundlage, um dem Trip den richtigen Mix aus Entspannung und Action zu geben. Wir genießen unseren beengten Luxus und bereiten uns auf den ersten Ausflug in die City vor.
Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins ... - Freitagabend auf dem Kiez
Die Nächte in Hamburg sind lang und legendär. Man würde wohl Hamburg nicht wirklich erleben, wenn man nicht auch am Wochenende mal auf der Reeperbahn gewesen ist. Wir steigen in die S-Bahn und begeben uns auf direktem Wege just dahin, um ein bisschen die große Freiheit zu schnuppern.
Rund um die sagenumwobene Meile tummeln sich die unterschiedlichsten Charaktere. Zwischen den Touristen aus aller Herren Ländern trifft man auf Lebenskünstler, Gestrandete und ganz normales Partyvolk. Das ins Rotlichte getauchte, hanseatische Flair erinnert stellenweise an Amsterdam, hat aber an der Elbe seinen ganz eigenen Charme. Das Angebot zum Amüsieren ist manigfaltig: Restaurant, Showbars, Clubs und vieles andere mehr laden zum Einkehren ein. Die Mehrheit jedoch konzentriert sich durchaus auf Entertainment für Erwachsene :D.
Die Reeperbahn ist nicht nur eine sündige Meile, es stecken auch Tausende Legenden und Geschichten in ihr. Um uns die reiche Geschichte Hamburgs an dieser Stelle unter fachkundiger Schirmherrschaft näherbringen zu lassen, entscheiden wir uns für eine Stadtführung - bei Olivia Jones.
Sex, Schnaps und Anekdoten - Kieztour mit Olivia Jones
Die umtriebige Dame betreibt nicht nur diverse Lokale, sondern bietet auch Kieztouren mit mehreren Hamburger Originalen wie dem blonden Hans, Eddy Kante oder Lilo Wanders an. Wir entscheiden uns für den Gesamtüberblick bei Olivias Safari mit Veuve Noir.
Man wird von Veuve und Olivia Jones in Empfang genommen und eingestimmt - auch mit dem ein oder anderen Inklusivschnaps 😀 und dann geht es auf Tour. Wichtige Punkte sind die Esso-Hochhäuser, die Davidwache, der Sex-Shop Fun Factory. Ziemlich genau das, was man so erwartet. Zum Aufwärmen ging es, jeweils mit alkoholischer Begleitung, auch ins St. Pauli Museum und die legendäre "Ritze", samt Boxkeller.
Für rund 35€ wird man etwa zwei Stunden lang gut unterhalten. Scheint auf den ersten Blick recht teuer, allerdings sind diverse Getränke inklusive und auch der Eintritt ins St. Pauli Museum sowie 5€ Rabatt in der Olivia Jones Bar, an der die Tour auch endet. Unterm Strich eine empfehlenswerte Investition. Obwohl der Fokus hier natürlich eher auf Unterhaltung liegt bekommt man auch die ein oder andere Hintergrundinfo - uns hat's gefallen.
Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde und der nordischen Kühle war uns aber zunächst eher nach einer warmen Mahlzeit, als nach noch mehr Alkohol. Insofern haben wir uns zum Hafen begeben und sind in eines der hervorragenden Fischrestaurants eingekehrt - die "Alt Helgoländer Fischerstube" am St. Pauli Fischmarkt. Eine gute Wahl.
Fangfrischer Fisch, zubereitet in einer seit Jahrhunderten verfeinerten Küche ... yummy :D. Mit leckerem Essen und vor allem warm endet damit unser Freitag Abend in der City. Gut gestärkt geht es mit der erstaunlich pünktlichen Hamburger S-Bahn zurück ins Hotel und damit auch ins Queen Size Bett.
Hanseflair und nordische Gelassenheit - die Altstadt
Es bleibt also unbestritten, dass Hamburg ein, nun sagen wir, "überaus aktives" Nachtleben hat :D. Nun galt es, die Stadt bei Tageslicht unter die Lupe zu nehmen. Unsere Zentrums-Erkundungstour starten wir am Jungfernstieg - bei blauem Himmel und Sonnenschein.
Hier, an der Binnenalster, kann man hervorragend essen, shoppen, eine Bootstour unternehmen oder einfach nur relaxen. Obwohl man sich mitten in einer Großstadt befindet, ist von Hektik keine Spur. Es regiert die nordische Gelassenheit und sorgt so neben einer angenehmen Atmosphäre auch für manch lohnendes (Street)Fotomotiv.
Wir tummeln uns eine Weile mit gezückter Kamera auf dem Rathausmarkt und schauen dem angeregten Treiben zu. Vor dem mächtigen Hamburger Rathaus, an diesem Wochenende Dank der Bürgerschaftswahlen sehr belebt, trifft man auf Leute aus aller Welt. Hier spürt man, nur wenige hundert Meter von der ruhigen Binnenalster entfernt, den Puls der Großstadt.
Sehenswert ist neben dem Platz auch das Rathaus selber. Das politische Zentrum der Hansestadt beherbergt die Bürgerschaft und den Senat. An diesem Wochenende war hier auch erstaunlich viel Betrieb und Medienrummel - denn es waren Wahlen. Wie im Norden nicht unüblich hat auch dieses mal die SPD die Mehrheit geholt und Olaf Scholz bleibt hier Hausherr.
Wir lassen uns von den Hamburgern inspirieren und beobachten die Szenerie noch ein wenig mit der ortsüblichen, nordischen Gelassenheit, um das Flair einzuatmen und Stadt und Leute besser kennenzulernen, bevor wir unsere kleine Tour durch die Innenstadt fortsetzen.
Wir begeben uns weiter in Richtung Zollkanal und wandern von dort aus zum Meßberg. Hier bestimmen der historische Handel und die typischen Backsteinbauten, die man auch aus z.B. Kopenhagen kennt, das Stadtbild. Die Dichte an Attraktionen ist in dieser Gegend besonders hoch. Sehenswert sind in jedem Fall das Miniaturwunderland, das Zollmuseum mit dazugehörigem Schiff oder das Haus der Photografie.
Nicht direkt architektonisch sehenswert, aber zumindest kulturell und zeitgeschichtlich spannend ist auch das SPIEGEL-Haus auf der Ericusspitze. Der mächtige Glasbau steht im Kontrast zu den alten Speicherbauten und überragt diese auch gleichermaßen optisch. Ob das jetzt zum Wohle des Stadtbildes ist, darüber kann man streiten ...
Wir genießen die letzten Sonnenstrahlen an diesem sonnigen Fast-Frühjahrstag und die Lichtstimmung, die sie mit sich bringen. Im Bereich um die Oberbaumbrücke entstehen so noch einige sehr sehenswerte Fotos, bevor auch wir dazu übergehen, vom reichhaltigen Kulturprogramm Gebrauch zu machen.
Probieren geht über Studieren! - das Schokoladenmusem
Natürlich wollten wir auch das Kulturangebot nicht links liegen lassen und uns ein wenig weiterbilden. Da unsere Ernährung hier bis jetzt sehr fischhaltig war, wurde es auch Zeit für etwas Süßes. Beides lässt sich wunderbar im Chocoversum von Hachez verbinden.
Durch das Musem führen mehrmals am Tag fachkundige Guides. Zunächst bekommt man allgemeine Informationen zur Geschichte und Herkunft der Schokolade, bzw. zunächst der Kakao-Bohne vermittelt, sowie über Verbreitung und Handelswege.
Von da an verfolgt man Schritt für Schritt die komplette Entstehungskette der Schokolade. Das besondere bei dieser Führung ist - man darf quasi in jedem Schritt mal kosten :). Die Story beginnt natürlich mit den Kakaobohnen, die für sich genommen einen doch recht bitteren Geschmack haben.
Weiter geht es mit den Schritten der Verarbeitung. Es werden die Auswahl der Bohnen, das Rösten bis hin zum Schälen, Aufbrechen und Sortieren erklärt und die entsprechenden Hilfsmittel und Geräte vorgestellt und gezeigt, sowohl aktuelle als auch historische.
Etwa nach der Hälfte wird die Tour durch ihr eigentliches Highlight unterbrochen. Teilnehmer der Tour dürfen nicht nur an den einzelnen Stationen der Schokoladenproduktion probieren, sondern auch ihre eigene Schokolade kreieren!
Dafür befülllt man zunächst sein Schokoladenschälchen an einem Brunnen. Anschließend stehen Schälchen mit einer ganzen Reihe von Zutaten wie Nüssen, Smarties, Gummibärchen, Schokochips oder auch ausgefalleneres wie Chili zur Verfügung, mit denen man nach Belieben seine Flüssigschokolade verfeinern kann.
Der Spaß für Groß und Klein lockert die Tour auf und macht gleichzeitig Werbung für die hervorragende Schokolade des Herstellers - geschickter Schachzug und ein leckerer noch dazu :D. Die Kreationen der Teilnehmer kommen im Anschluss in den Kühlschrank und werden, wenn sie nach der zweiten Hälfte der Führung ausgekühlt sind, wieder übergeben.
Die letzte Hälfte des Rundgangs beschäftigte sich mit den Schritten nach dem Entstehen der eigentlichen Schokolade. Es ging um das Verfeinern in Form des Conchierens, die Verpackung und den Vertrieb der Schokolade.
Einziger Minuspunkt beim Aufenthalt im Chocoversum ist, dass eine kritische Auseinandersetzung des Herstellers mit den negativen Seiten der Schokoladenproduktion, z.B. Kinderarbeit auf Kakaoplantagen, wenn überhaupt, dann nur auf Nachfrage stattfindet. Aber ansonsten ist der Besuch des Schokoladenmuseums für Leckermäuler sehr sinnvoll investierte Zeit! Auf dem Weg zum Ausgang kann man auch gleich ein paar süße Souvenirs erwerben :).
Nur ein kleiner Absacker zum Samstagabend? - Schanzenviertel und Altona
Dunkel und kalt war es inzwischen in Hamburg und so stieg wieder das Bedürfnis nach Wärme. Gute Gelegenheit, um einfach 1-2 Cocktails trinken zu gehen. Samstag Abend sollte doch in diesem Schanzenviertel, von dem man immer so viel hört, was gehen, oder? Oh ja es ging was ... leider viel zu viel! Über zwei Stunden haben wir gefühlt jede Kneipe abgeklappert und nicht in EINER waren zwei Plätze zur Verfügung. Desillusioniert und durchgefroren setzen wir uns in die S-Bahn Richtung Blankenese, geben jedoch noch nicht auf und halten nochmal in ...
In der Tat war der abendliche Betrieb hier deutlich übersichtlicher und wir sind, inzwischen auch auf der Suche nach etwas zu essen, in eines der Hamburger Schweinske eingekehrt. Und siehe da - wir kamen richtig, denn es war gerade Happy Hour und die Cocktails wurden in Liter-Größe serviert :D.
Auch leckeres Essen gab es. Das Restaurant ist, wie der Name schon sagt, teil einer Kette, die auf Schweinegerichte spezialisiert ist. Allerdings war uns nach der vielen Schokolade weniger nach einem dicken Schweinesteak, sondern eher nach etwas Frischem.
Gut gestärkt und vom Alkohol ... ähh sagen wir "gewärmt" 😀 begeben wir uns auf den Weg zurück nach Blankenese. Wir halten fest: Wer am Samstagabend im Schanzenviertel einen drauf machen will, kommt ohne Reservierung nicht weit. Da scheint man für spontane Ausflüge in anderen Stadteilen deutlich bessere Karten zu haben!
Soweit zu Freitag und Samstag. Über unsere sonntägliche Erkundungstour durch den Hamburger Hafen lest ihr in einer Woche hier, in Teil 2 unseres Artikels. Bis dahin!