Nachdem wir uns im letzten Artikel mit der Anreise und der Unterkunft beschäftigt haben - sowie damit, wie man am besten einen allgemeinen Überblick bekommt - geht es heute mehr ins Detail. Wir beginnen mit einem der OTRA-Kernthemen schlechthin - dem Verkehr :).
Verkehr in Lissabon - so vielseitig wie die Stadt
Die portugiesische Hauptstadt ist allgemein nicht so groß und zum anderen eben auch sehr kompakt gebaut, so dass man sich durchaus zu Fuß recht weitläufig bewegen kann. Dennoch sollte man natürlich auch weiter entfernt gelegene Gefilde erkunden um einen vollständigeren Eindruck zu haben - wir empfehlen hierfür die U-Bahn.
Die Metro kommt zuverlässig, häufig und günstig. Meist ist sie auch nicht übermäßig stark gefüllt. Im dortigen System kauft man eine wiederverwendbare Papierkarte für 50 Cent und kann dann auf den RFID Chip Fahrten aufladen. Diese sind sehr günstig - eine einfache Fahrt kostet ca. 1,80€. Die Stationen sind liebevoll gestaltet und sehr belebt - meist riecht es auch noch gut :).
Da das Netz recht dicht ist und man auch für kurze Entfernungen gut die U-Bahn nehmen kann ist diese uneingeschränkt zu empfehlen. Aber auch allgemein spielt Linienverkehr in Lissabon eine große Rolle. Eines der Wahrzeichen der Stadt ist die historische "Tram 28".
Die alten Wagen und Linien werden zum einen aus nostalgischen und atmosphärischen Gründen erhalten - und das ist gut so. Aber zum anderen wären viele der Gassen in denen die Tram verkehrt auch einfach zu schmal für moderne Straßenbahnsysteme - die es in Lissabon vereinzelt auch gibt.
Auch wenn die Tram manchmal ziemliche "Schräglage" hat kommt sie die steilsten Hügel aber doch nicht hinauf. Aber auch zu diesem Zweck haben die Lissaboner schon länger ein anderes historisches Gefährt - die Standseilbahnen Elevador da Gloria und da Bica.
Der öffentliche Nahverkehr ist also strukturell wie historisch wichtig und nötig. Aber auch individuell bewegt sich viel. Im Prinzip ist es für einen Kurzurlaub weder notwendig noch empfehlenswert ein Auto zu mieten, da das öffentliche Verkehrsnetz wie beschrieben gut ausgebaut ist und die Bedingungen nicht wirklich zum Selberfahren einladen. Dennoch trifft man auch immer wieder auf interessante Kraftfahrzeuge aller Art.
Bei den Autos dominieren allerdings natürlich ältere Kleinwagen. Darüber hinaus gibt es sehr viele Roller. Fahrräder sieht man im Vergleich zu den flachen, nordischeren Metropolen wie Kopenhagen oder Amsterdam in der Stadt der Hügel eher selten. Dafür trifft man aber permanent auf andere exotische Zweiräder, wie diese liebevoll und akribisch restaurierte Royal Enfield 500 :).
Die Portugiesen haben ansonsten zum Auto ein sehr viel pragmatischeres Verhältnis als man es hierzulande pflegt. Es ist viel eher Nutzfahrzeug als Liebhaberstück und wird dementsprechend gefahren bis es nicht mehr geht. Für fahrzeughistorisch Interessierte lohnt ein Blick in die Hinterhöfe, in denen so manch sehenswertes Produkt der Automobilbaukunst missachtet vor sich hin rottet - traurig.
Allerdings wird man schnell wieder von allerlei wunderlichen Vehikeln jedweder Art aufgeheitert, die man an jeder Straßenecke trifft. Von kleinen, offenen motorisierten Dreirädern, GoCar genannt, über Motorrikschas zum Personentransport bis hin zu Kreuzfahrtschiffen, die gefühlt mitten in der Stadt anlegen, ist alles dabei. Wilde Taxifahrten und Bus- oder LKW-Fahrer die ihr Handwerk in den engen Gassen auf beindruckendem Niveau verstehen machen das Erlebnis für Freunde der Mobilität perfekt.
Die Stadt kennenlernen - und ihre vielen Facetten
Da es also kein Problem darstellt sich effektiv von A nach B zu bewegen, kann man die Stadt schnell kennenlernen. Je mehr man sich jedoch in ihr bewegt, desto facettenreicher kommt sie daher. Für Architekturinteressierte hält Lissabon eine wahre Fundgrube an Aspekten und Kuriositäten bereit.
Ein einheitlicher Stil ist schwer auszumachen. Durch die bewegte, Jahrtausende alte Geschichte und die lange Handelstradition haben unglaublich viele verschiedene Stile das Gesicht der Stadt beeinflusst und geprägt.
In der Nähe unseres Apartments in Graça dominierten eher pragmatische Formen - und bunte Fassaden. Neben Wohnhäusern gibt es viele kleine Läden, in denen die Anwohner ihren täglichen Bedarf decken.
Nicht nur, aber auch, in dieser Gegend trifft man häufig auf die typischen Azulejos. Die aus vielen Kacheln zusammengesetzten Fassaden bilden liebevolle und einzigartige Mosaike - eine Kunst mit langer Tradition in Portugal.
Der Lebensstandard am Stadtrand ist doch etwas bescheidener als im Zentrum und leider sieht man auch recht häufig verfallene Hinterhöfe und trifft auf Obdachlose - efühlt etwas öfter als in anderen südeuropäischen Großstädten.
Der Gegensatz spielt eine wichtige Rolle - gerade außerhalb vom Zentrum. Oftmals völlig unvermittelt werden Häuserreihen in gutem Zustand von verfallenen Ruinen unterbrochen. Obwohl es das Stadtbild umso faszinierender macht, regt es auch zum Nachdenken an.
Im Kontrast dazu dominieren rund um den Praca do Comercio repräsentative Bauten. Auf einer der größten Straßen - der Rua Augusta - reihen sich luxuriöse Hotels, feine Pastellerias und gehobene Cafés in altehrwürdiger Atmosphäre aneinander.
Von hier ins höhergelegene Bairro Alto kommt man am besten mit dem Santa Justa Lift. Der gigantische, über 100 Jahre alte, Fahrstuhl verbindet das im Tal gelegene Zentrum in Baixa mit der Oberstadt - und bietet, gerade bei Nacht, einen grandiosen Ausblick auf die Altstadt und den Rossio.
Insgesamt dominiert der Unterschied. Schon ein paar U-Bahnstationen weiter hat man teilweise ein völlig konträres Stadtbild. So viele Eindrücke auf begrenzter Fläche hat man sonst nur in wenigen Städten. Hinter jeder Ecke gibt es etwas neues zu entdecken - das Untypische ist typisch Lissabon!
Die Portugiesen - die Gesichter der Stadt
Die Einwohner haben mit ihrer Stadt die Vielseitigkeit gemein. Auf den Straßen tummeln sich fast gleichverteilt alle Generationen und Hautfarben - und viele Nationalitäten. Südliche Metropolen sind zwar sowieso bei vielen Leuten beliebt aber kaum eine ist internationaler als Lissabon.
Ein großer Teil des gesellschaftlichen Lebens spielt sich auch hier in Café, kleinen Läden, öffentlichen Plätzen ab - wohl auch aufgrund des Platzmangels innerhalb der Stadt und den eigenen Wohnungen. Es herrscht eine Atmosphäre der entspannten Geschäftigkeit und es bleibt eine spannende Beschäftigung bei einem Cappuccino oder einem Glas Wein das Treiben zu beobachten.
Da sie es gewohnt sind mit Unterschieden umzugehen sind die Portugiesen sehr offen und kommunikativ. Fast alle mit denen wir geredet haben, sprachen zumindest englisch und/oder französisch/spanisch. Jeder ist zu einem netten kleinen Plausch aufgelegt und wirkt ehrlich interessiert und authentisch.
Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit sind in Lissabon selbstverständlich - man fühlt sich sehr willkommen. Sei es als Gastgeber, im öffentlichen Leben oder wenn sie einfach nur, meist sehr gewissenhaft, ihrer Arbeit nachgehen - die Portugiesen sind ein sehr freundliches Volk.
Wie in jeder südlichen Großstadt sollte man natürlich einige Sicherheitsregeln einhalten, wie z.B. Geldbösen am Mann zu tragen (und da nicht für jedermann ersichtlich in der Arschtasche...) da es einen gewissen Grad an Kriminalität gibt. In Lissabon fühlt man sich jedoch mindestens genau so sicher wie in Barcelona, Palma oder Florenz. Allein die Atmosphäre der Stadt und die warmherzige Art der Einheimischen sind eine Reise wert.
Fortsetzung folgt
Wir wissen also, wie man von A nach B kommt, wie die Leute ticken und dass es "das typische Stadtbild" für Lissabon so nicht gibt. In ein paar Tagen folgt der krönende Abschluss unserer kleinen Portugal-Serie - unter anderem wird es um das Thema Essen gehen - das Warten lohnt sich!